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Die EU als tschechischer Spielball

Von WZ-Korrespondentin Alexandra Klausmann

Analysen

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Nach Tschechiens Nein zum EU-Fiskalpakt ist innerhalb der konservativ-liberalen Koalitionsregierung von Premier Petr Necas ein politischer Zickenkrieg ausgebrochen. Mit der Ablehnung des Reformpakets mache Necas Tschechien in der EU unmöglich, schimpfte Außenminister Karl Schwarzenberg: "Das ist gegen unsere Staatsinteressen und schadet uns." Necas, so Schwarzenberg, habe nicht im Interesse der Staatsraison, sondern der tschechischen Innenpolitik gehandelt, "aus Angst vor dem nationalsozialistischen Flügel der ODS".

Dabei ist die Entscheidung, den EU-Fiskalpakt vorerst abzulehnen, kaum überraschend. Mehr als den Zorn Brüssels scheint Necas den des Präsidenten zu fürchten: Václav Klaus ist entschieden dagegen, Budgetverantwortung an die EU abzugeben. Für ihn ist das eine Sache der nationalen Souveränität. Schon im Vorfeld des jüngsten EU-Gipfels kündigte Klaus an, einen entsprechenden Parlamentsbeschluss nicht zu unterzeichnen.

In seiner Verzweiflung lässt Necas, der sein Nein bis zur Ratifizierung des Fiskalpakts im März noch einmal überdenken will, nun das Volk darüber abstimmen, ob Tschechien dem Fiskalpakt beitreten soll oder nicht. Zwar hat Necas’ Bürgerpartei (ODS) bisher Volksabstimmungen immer abgelehnt, in diesem Fall könnte sie aber den Schwarzen Peter den Wählern zuschieben. Denn die sind - laut verschiedenen Umfragen - mehrheitlich sowohl gegen den EU-Fiskalpakt als auch gegen die Einführung des Euro.

Sauer ist Necas jetzt vor allem auf den Außenminister. Schwarzenbergs Kritik sei "außergewöhnlich undurchdacht, außergewöhnlich unprofessionell", ätzte der Premier jüngst. "Wenn es sich hier nicht um einen Mann reiferen Alters handelte, würde ich das als ein Anzeichen jugendlicher Unausgeglichenheit betrachten." Und er setzte noch eins drauf: Schwarzenberg sei faul, verteidige nicht die Interessen der Tschechischen Republik und sei außerdem "eher ein Minister im Ausland als ein Minister des Äußeren".

Auf keinen Fall aber scheint Schwarzenberg ein Minister zu sein, der allzu sehr an seinem Posten hängt. Sollte der EU-Fiskalpakt nicht durchkommen, werde er zurücktreten, drohte der Adlige. "Die EU ist Priorität meiner Außenpolitik", konstatierte er vor kurzem in einem Interview mit der deutschsprachigen "Landeszeitung", die in Prag erscheint.

Die Haltung von Premier Necas sieht Fürst Schwarzenberg gelassen: "Möglich, dass er jetzt auf Spannung setzt, um zu zeigen, was für ein Macker er doch ist", so der Außenminister. Auf seiner Seite hat er zumindest die Zeit: Denn die Amtsperiode von Präsident Klaus läuft 2013 aus.