Mit seinem fünften Jahresbericht für 2007 präsentiert der Europäische Ombudsmann den insgesamt 13. Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten der Öffentlichkeit.
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Die Institution des Bürgerbeauftragten (BBA) des Europäischen Parlaments (EP), auch "Europäischer Ombudsmann" genannt, wurde geschaffen, um die EU den Bürgern näherzubringen und der "EU-Verwaltung" ein "menschliches Gesicht" zu geben. Dementsprechend räumt Artikel 21 Absatz 2 EG-Vertrag auch jedem Unionsbürger das Recht ein, sich an den BBA zu wenden.
Gemäß Artikel 195 EG-Vertrag ist dieser formell ein Hilfsorgan des EP und wird von diesem nach seiner jeweiligen Wahl für die fünfjährige Dauer der Wahlperiode ernannt.
Der BBA übt sein Amt in völliger Unabhängigkeit aus und darf von keiner Stelle Weisungen entgegennehmen. Er darf während seiner Amtszeit keine andere entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben und kann auf Antrag des EP vom EuGH wegen schwerer Verfehlungen seines Amtes enthoben werden.
Der BBA ist befugt, nicht nur von jedem Unionsbürger, sondern auch von jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem EU-Mitgliedstaat, Beschwerden über Missstände bei der Tätigkeit der Organe oder Institutionen der EG entgegenzunehmen - mit Ausnahme des Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz in Ausübung ihrer Rechtsprechungsbefugnisse. Dabei muss es sich um "Missstände" und nicht um mit Nichtigkeit bedrohte Fehler handeln, die ja mit einer Nichtigkeitsklage gemäß Artikel 230 EG-Vertrag angefochten werden können.
Wurde dem BBA ein solcher "Missstand" von einem Unionsbürger oder einem Mitglied des EP gemeldet oder hat er einen solchen selber recherchiert, dann führt er entsprechende Untersuchungen durch. Stellt der BBA in der Folge einen "Missstand" fest, dann befasst er das betreffende Organ, das ihm innerhalb von drei Monaten seine Stellungnahme dazu übermitteln muss. Der BBA legt anschließend dem EP und dem betreffenden Organ einen Bericht vor und unterrichtet auch den Beschwerdeführer über das Ergebnis seiner Untersuchung. Der BBA übermittelt dem EP jährlich einen Rechenschaftsbericht über die Ergebnisse seiner Untersuchungen.
Aktueller Bericht
Als Tribut an die langjährige Erfahrung der skandinavischen Staaten mit der Einrichtung eines Ombudsman wurde im September 1995 als erster BBA der Finne Jacob Söderman ernannt. Sein Nachfolger, der Grieche Nikiforos Diamandouros, trat sein Amt am 1. April 2003 an und wurde im Jänner 2005 wiedergewählt.
In seinem am 15. Februar 2008 vorgelegten fünften Jahresbericht an das EP gibt er einen anschaulichen Überblick über die bei ihm im Berichtszeitraum eingegangenen Beschwerden und die Ergebnisse seiner Untersuchungen.
2007 gingen beim BBA 3211 neue Beschwerden ein, verglichen mit 3830 im Jahr 2006. Andererseits nahm die Zahl der zulässigen Beschwerden sowohl in absoluten Zahlen als auch relativ gesehen zu, und zwar von 449 im Jahr 2006 auf 518 im Jahr 2007.
Infolgedessen wurden 2007 um 17 Prozent mehr neue Untersuchungen eingeleitet. Insgesamt 58 Prozent aller 2007 eingegangenen Beschwerden wurden auf elektronischem Weg übermittelt. 3056 Beschwerden kamen von Einzelpersonen und 155 von Vereinigungen oder Unternehmen. In nahezu 70 Prozent der Fälle konnte der BBA dem Beschwerdeführer helfen.
Die meisten Beschwerden betrafen die Europäische Kommission (413 bzw. 64 Prozent). 87 Beschwerden bezogen sich auf das Europäische Amt für Personalauswahl, 59 auf das EP, 22 auf das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung Olaf und acht auf den Rat der EU.
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