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Die EU drängt auf Investitionsschutz

Von Veronika Gasser

Europaarchiv

Dieses Jahr wird Cancun in Mexiko Schauplatz der WTO-Konferenz sein. Die Landwirtschaft wird das zentrale Thema sein und bemerkenswert ist, dass die EU und die USA sich auch schon zu einem gemeinsamen Positionspapier durchgerungen haben, das jedoch von den Entwicklungsländern abgelehnt wird. Sie fordern eine Reduktion der Agrarförderungen.


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Die nächste Runde der Welthandelsorganisation (WTO) trifft sich von 10. bis 14. September in Cancun. Ein gemeinsames Dokument der Mitgliedstaaten gibt es bisher noch nicht, darum wird bis zur letzten Minute gerungen.

Klar ist, dass die Landwirtschaft das Zünglein an der Waage sein wird. 13 Staaten, unter ihnen Indien, China, Mexiko und Argentinien fordern den Abbau von Agrarsubventionen und wollen sich dafür einsetzen, dass die Industriestaaten ihre Produkte zollfrei ins Land lassen. Wenn EU und USA in dieser Frage nicht nachgeben, dann wollen sich die Schwellen- und Entwicklungsländer in anderen Materien quer legen. Dann könnte es in für Europa so wichtigen Fragen wie dem Investitionsschutzabkommen zum Verhandlungsstillstand kommen.

Die EU forciert ein solches Abkommen, und die USA würden mitziehen, wenn die gemeinsame Front stark genug ist. Der Investitionsschutz ist für die USA mittlerweile weniger wichtig, da ihre Unternehmen durch rund 2.000 ähnliche Verträge gut abgesichert sind. Doch die europäischen Konzerne drängen auf Schutz ihrer Investitionen innerhalb der WTO, weil ihnen ein ähnliches Regelwerk fehlt.

Ein solcher Schutz würde die Multis in die Lage versetzen, für getätigte Investitionen entgangene Gewinne einzuklagen. Von den Nichtregierungsorganisationen (NGO) wird ein solches Abkommen abgelehnt: Es gesteht den Investoren lediglich Rechte zu, Pflichten sind keine vorgesehen. Sie fordern stattdessen verbindliche Regulierungen für Konzerne.

Auch die afrikanischen Länder stehen einem Investitionsschutz skeptisch gegenüber. In einer Deklaration vom 15. August bekunden sie, noch nicht reif für diesbezügliche Verhandlungen zu sein. Derzeit hätten sie große Probleme die bestehenden Verträge in nationales Recht umzuwandeln. Es fehle außerdem an Experten, die dermaßen komplizierte Materien verhandeln könnten.

Sozusagen als Zuckerl für ehemalige Kollonialländer hat die EU-Kommission rechtzeitig vor der WTO-Konferenz 50 Mill. Euro für die ACP-Länder (Afrika-Karibik-Pazifik) bewilligt. Mit diesen Mitteln, die eigens für den Freihandel gewidmet wurden, sollen Staaten wie Angola, Kongo, Liberia und Kenia gefügig gemacht und auf EU-Linie gebracht werden, mutmaßen Beobachter. Doch unabhängigere Länder wie Indien, Pakistan oder Malaysien könnten den Investitionsschützern die Suppe gründlich versalzen. Vor allem Indien hat bei der Personenfreizügigkeit, die im Zuge des GATS (General Agreement on Trade in Services), also des Dienstleistungsabkommens in der WTO, verhandelt wird eigene Vorstellungen. In dieser Frage wäre also ein Tauschgeschäft mit Indien möglich.

Andere Liberalisierungsschritte des GATS werden von den europäischen Konzernen verlangt. Die EU trägt diesem Drängen in ihren "Angebotslisten" Rechnung, darin findet sich nämlich als Wunsch die Liberalisierung des Wassermarkts. Gleichzeitig will Europa wegen des politischen Drucks die Wasserversorgung gegenüber fremden Einflüssen abschotten.

Von vielen Konferenzteilnehmern wird das intransparente Procedere beklagt. So wird das Vorsitzland Mexiko Personen ernennen, die den Entscheidungsfindungsprozess vorantreiben sollen, doch kein Land kann Einfluss auf diese Bestellungen nehmen.