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Die EU gibt dem Kosovo 500 Millionen

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Kosovo-Premier: "Stehe persönlich für korrekte Verwendung ein." | Wirtschaftliche Lage verheerend. | Brüssel. Erfolg bei der Kosovo-Geberkonferenz: 1,2 Milliarden Euro sammelte die Internationale Gemeinschaft am Freitag in Brüssel für den Aufbau der Wirtschaft, Verwaltung und Infrastruktur des jüngsten Staates Europas. Allein 508 Millionen sollen bis 2011 aus dem EU-Budget kommen, 400 Millionen Dollar (255 Millionen Euro) sagten die USA zu. Deutschland ließ mit 100 Millionen Euro den zweithöchsten Betrag eines einzelnen Landes springen, die Schweiz spendierte 76,8 Millionen Franken (47,3 Millionen Euro). Zusätzlich nahmen noch Japan, Kanada, Norwegen und sämtlich EU-Staaten sowie Vertreter von Weltbank und Internationalem Währungsfonds teil.


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Die Führung des Kosovo müsse für jeden einzelnen ausgegebenen Euro Rechenschaft ablegen, mahnte Erweiterungskommissar Olli Rehn. Auch müssten die Mittel für die gesamte Bevölkerung inklusive der serbischen Minderheit ausgegeben werden, verlangte er. Er persönlich stehe dafür ein, dass keine Mittel in die falschen Hände gelangten, erklärte daraufhin der kosovarische Premier Hashim Thaci und kündigte "null Toleranz für Korruption und organisierte Kriminalität" an. "Eine Teilung entlang der ethnischen Linie wird es niemals und unter keinen Umständen geben", fügte er hinzu.

200 Million-Euro-Lücke

Mit den Zusagen vom Freitag dürfte der Kosovo vorerst aus dem Schlimmsten heraußen sein; Brüssel schätzt die Lücke im Kosovo-Budget für 2009 bis 2011 auf rund 1,4 Milliarden Euro. Wie er an die restlichen 200 Millionen kommen will, wollte Thaci zwar nicht sagen. Immerhin sind 400 Millionen nach einem gemeinsamen Papier von EU-Kommission und Weltbank lediglich als Haftungsreserve für unvorhergesehene Zusatzausgaben eingeplant, weil die ehemalige südserbische Provinz vorläufig keinen Zugang zum internationalen Finanzmarkt hat.

Seit 1999 sind bereits 3,5 Milliarden Euro der internationalen Staatengemeinschaft nach Pristina geflossen, 2,7 Milliarden wurden bereits ausbezahlt. Dennoch bleibe der Kosovo "einer der ärmsten Regionen in Europa", erinnerte Rehn. Mit einem BIP pro Kopf von 1573 Euro für 2007 liegt er laut den Konferenzunterlagen zumindest weit hinter dem schwächsten EU-Land Bulgarien, für das Eurostat 3800 Euro fürs Vorjahr angibt. Zum Vergleich: EU-Schnitt 24.800, Österreich 32.800.

Trübe Zukunft

Auch die weiteren Wirtschaftsdaten des Kosovo sind nicht rosig. 43 Prozent sind ohne Beschäftigung, die Jugendarbeitslosigkeit liegt gar bei 76 Prozent. 45 Prozent leben in Armut. Und bis die Investoren Thacis Ruf nach Kosovo folgen, dürfte es noch dauern. Auch wenn der Premier von einem "neuen Land mit neuen Möglichkeiten" spricht, orten Kommission und Weltbank für ein positives Geschäftsklima noch dringend notwendige Verbesserungen bei der völlig maroden Energieversorgung sowie der Verkehrs- und Telekominfrastruktur. Allein die Kosovo-Energiegesellschaft KEK verschlinge pro Jahr 100 Millionen, ohne dafür zuverlässig Strom zu liefern oder gar in neue Infrastruktur zu investieren.