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Die EU in Bosnien-Herzegowina

Von Waldemar Hummer

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Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Europa- und Völkerrecht an der Universität Innsbruck. Foto: privat

Die EU führt in Bosnien-Herzegowina zwei Missionen durch, eine Polizeimission (EUPM) und eine militärische Operation (Eufor Althea) - jetzt unter einem Österreicher.


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Nach dem Zerfall Jugoslawiens und der Staatsgründung Bosnien&Herzegowinas (B&H) im Jahre 1992 musste der Neustaat sowohl durch eine Polizei- als auch eine Militärmission stabilisiert werden. Die zunächst eingerichteten Missionen der Vereinten Nationen (VN) und der Nato wurden in der Folge durch EU-eigene Missionen ersetzt.

Durch die Gemeinsame Aktion 2002/210/GASP des Rates vom 11. März 2002 wurde die Polizeimission der EU (EUPM) in B&H errichtet. Sie löste am 1. Jänner 2003 die Internationale Polizeieinsatztruppe der VN (IPTF) ab, die durch das 1995 abgeschlossene Abkommen von Dayton/Paris eingerichtet worden war. Bei der EUPM handelt es sich um die erste Mission, die im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) durchgeführt wurde. An ihr nehmen Polizeibeamte aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten sowie aus weiteren sechs Drittstaaten (Island, Kanada, Norwegen, Schweiz, Türkei, Ukraine) im Umfang von knapp 200 internationalen und 250 lokalen Mitgliedern teil.

1995 wurde in B&H die multinationale Stabilisierungstruppe IFOR (Peace Implementation Force) unter Leitung der Nato eingerichtet, die von 1996 bis 2004 als Stabilisation Force (SFOR) tätig war. Hauptziel beider Operationen war die Überwachung der Umsetzung des erwähnten Dayton/Paris-Übereinkommens (1995). Österreich entsandte im Jänner 1996 eine Transporteinheit aus 300 Soldaten (Auslog/IFOR), die in der Folge zur Aucon 1/SFOR umgestaltet wurde und bis Anfang Dezember 2004 im Einsatz war.

Militär und Polizei

Durch die Resolution 1575 (2004) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (VN) wurde die EU unter Kapitel VII der Satzung der VN ermächtigt, eine eigene Militäroperation in B&H durchzuführen. Dementsprechend wurde vom Rat am 12. Juli 2004 mit der Gemeinsamen Aktion 2004/570/GASP (Amtsblatt der EU 2004, L 252/10) die Operation "Eufor Althea" ins Leben gerufen, die am 2. Dezember 2004 die SFOR ablöste.

Im Zuge dieser Operation, an der sich 24 EU-Mitgliedstaaten und fünf Drittstaaten (Albanien, Chile, Mazedonien, Schweiz, Türkei) beteiligen, wurden zunächst 7000 Mann nach B&H entsendet. Besondere Zielsetzungen von Althea sind neben der Umsetzung des Dayton/Paris-Übereinkommens (1995) die Unterstützung des Sonderbeauftragten der EU in B&H, des Österreichers Valentin Inzko, sowie des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien bei der Festnahme von mutmaßlichen Kriegsverbrechern. 2007 wurde Althea rekonfiguriert und die Truppenstärke auf 2200 Mann abgesenkt.

Seit 2004 dienten insgesamt 3500 Österreicher im Rahmen der Operation Althea. 2009 standen 150 Soldaten des Bundesheeres im Einsatz. Das Kontingent wird Anfang 2010 um 80 Mann auf 230 Soldaten aufgestockt. Der Grund dafür ist der Umstand, dass Österreich damit zum einen Ausfälle anderer Staaten - wie Italien und Spanien - kompensieren, zum anderen aber auch dokumentieren will, dass das Einsatzgebiet österreichischer Friedenstruppen eher der Balkan und nicht Afghanistan ist. Verteidigungsminister Darabos erklärte vor kurzem, dass Österreich als neutraler Staat nicht nach Afghanistan gehe, aber durchaus bereit sei, am Balkan zusätzliche Verantwortung zu übernehmen. Am 4. Dezember 2009 löste Generalmajor Bernhard Bair den bisherigen italienischen Kommandanten von Eufor Althea, Stefano Casta gnotto, ab, womit erstmals ein Österreicher das Truppen-Kommando über eine EU-Mission am Balkan übernimmt.