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Die EU kehrt zum bewährten Rezept zurück

Von AnalyseWolfgang Tucek

Europaarchiv

Die notwendige Reform für die EU wird es wohl geben. Der neue Vertrag wird aber nicht Verfassung heißen und auch keine sein. Das Projekt, die bisherigen Verträge der Gemeinschaft durch ein Grundsatzwerk zu ersetzen, ist gescheitert.


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Schon der Eindruck einer Föderation von Staaten oder gemeinsamer staatsähnlicher Strukturen wird peinlich genau vermieden. Die Entwicklung des Verfassungskonvents habe bereits Analogien zu den Gründervätern der USA aufgewiesen, hieß es. Der Prozess habe eine Eigendynamik bekommen, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertragswerks schon nicht mehr voll konsensfähig gewesen sei: Nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in der Mehrheit der Regierungen ist die Bereitschaft zur radikalen Aufweichung der Nationalstaaten bei weitem noch nicht groß genug. Ersteres haben die gescheiterten Abstimmungen in Frankreich und den Niederlanden bewiesen. Ein zentrales Element der Bemühungen Deutschlands zielt nun darauf ab, nur ja keine Referenden mehr durchführen zu müssen - nur in Irland scheint es unvermeidlich.

Die EU kehrt zum bewährten Rezept zurück. Eine Regierungskonferenz entscheidet schließlich über das Ausmaß der Reform unter der Volksabstimmungsschwelle, selbst das Europäische Parlament muss zusehen. Statt einem Grundsatzwerk gesellt sich ein weiterer Vertrag zu jenen von Amsterdam, Nizza und Maastricht.

Der Vorteil ist, dass dieses Konzept schon funktioniert hat. Und der Vertrag wird die EU wieder einen Schritt vorwärts bringen. "Kontinuität des Reformprozesses" nennen es Diplomaten. Und die wahre Integration erledigt dann sowieso der Europäische Gerichtshof, der längst Kategorien wie Unionsbürgerschaft über nationalstaatliche Einzelinteressen stellt.