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Die EU-Kommission gewinnt an Konturen

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Die Europäische Kommission nimmt Konturen an. Kaum ist der künftige Kommissionspräsident José Manuel Barroso vom Parlament bestätigt worden, steht der Großteil der Kommissare bereits fest. Gestern, Freitag, nominierte Großbritannien Ex-Minister Peter Mandelson als Kommissionsmitglied und Tschechien den scheidenden Außenminister Vladimir Spidla.


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Eine "politische Intrige" vermutet man in London. Mit Peter Mandelson nannte Premier Tony Blair einen einst schillernden Labour-Weggefährten als Kandidat, der als Regierungsmitglied sowohl in der Funktion des Nordirland-Sekretärs als auch des Industrieministers wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste. "Wir brauchen den Allerbesten, der Großbritannien in Europa vertritt", lautete dennoch Blairs Lob über Mandelson. "Wegloben" nennen das politische Analysten.

Für Chris Davies von den oppositionellen Liberaldemokraten spielt Blair mit Mandelsons Nominierung den EU-Skeptikern in die Hände, für die die Kommission "ein Zufluchtsort für gescheiterte Politiker" ist. Angesichts der antieuropäischen Stimmung auf der Insel dürfte das EU-Verfassungsreferendum noch schwieriger zu gewinnen sein.

Als eindeutiger "Europa-Enthusiast" gilt dagegen der Tscheche Vladimir Spidla. Er wird vor dem Hintergrund des vernichtenden EU-Wahlergebnisses für seine Sozialdemokraten als Außenminister abgelöst. Spidla soll im November Ko-Kommissar Pavel Telicka, Prags einstiger EU-Chefverhandler, ersetzen.

Innenpolitische Weichenstellungen könnten auch in Italien dafür entscheidend sein, dass Europaminister Rocco Buttiglione neuer EU-Kommissar wird. Denn um seine bröckelnde Mitte-rechts- Koalition zu retten, will Ministerpräsident Silvio Berlusconi der christdemokratischen Partei UDC - in der Buttiglione eine führende Position hat - den Brüssel-Posten anbieten.

Was die von einigen Medien kolportierte Einsetzung eines "Superkommissars" im neuen Kollegium betrifft, stellte auch der deutsche Kommissar Günter Verheugen klar, dass die EU-Verträge das Gleichheitsprinzip in der Kommission festschreiben. Kein Kommissar dürfe für mehrere Ressorts gleichzeitig zuständig sein. Denkbar ist, dass einer der Vizepräsidenten der Kommission neben dem eigenen Portfolio die Koordinierung der "Lissabon-Agenda" zur wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der EU zwischen den Dienststellen übernimmt. Dieser Kommissar für Wirtschaftsreformen heißt voraussichtlich - Günter Verheugen.

Der bisherige Währungskommissar Joaquín Almunia ist als neuer Außenkommissar im Gespräch. Die Überwachung der Währungsagenden wie den Euro-Stabilitätspakt könnte der Ire Charlie McCreevy übernehmen. Die Niederlande schielen mit Landwirtschaftsminister Pieter Veerman auf das Agrarressort. Die Polin Danuta Hübner wird als Vize-Präsidentin gehandelt. Offen sind die Nominierungen von Dänemark und Österreich. Der künftige Kommissionspräsident Barroso kommt dazu im August zu Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nach Wien.