Im letzten Moment haben sich der Europäische Rat und das EU-Parlament auf einen Abwicklungsmechanismus für Banken geeinigt.
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Europäischer Rat und Parlament haben sich endlich zusammengerauft: 16 Stunden Verhandlungen, Gefahr des Abbruchs, Verschiebung auf das nächste EU Parlament - das stand im Raum und wurde rechtzeitig zu Frühlingsanfang am 20. März im letzten Moment verhindert.
Ziel war es, den unseligen Konnex Bankenschulden-Staatsschulden durch den Aufbau einer Bankenunion zu durchbrechen: Voriges Jahr hatte man die Einigung auf eine EU-weite gemeinsame Bankenaufsicht geschafft, angesiedelt bei der Europäischen Zentralbank.
Diese durchleuchtet heuer die Bilanzen der 127 größten europäischen Banken auf deren Werthaltigkeit und unterzieht sie dann einem "Stresstest", der aussagt, ob die Banken genügend Eigenkapital haben oder weiteres Kapital benötigen.
Jetzt wurde ein Abwicklungsmechanismus für den Fall beschlossen, dass eine europäische Bank insolvent wird. Dabei geht es darum, wer entscheidet, ob eine Bank insolvent wird. Dies soll nun von der Aufsicht festgestellt, vom Board der Abwicklungsbehörde bestätigt und der EU-Kommission mitgeteilt werden, die dies wiederum dem Rat zur Kenntnis bringt, der 24 Stunden Zeit hat, dagegen Einspruch zu erheben. Wird ein solcher erhoben, geht die Verantwortung für die Bank auf das Heimatland über.
An dieser Entscheidung wirken bis zu 100 einzelne Personen mit - und das alles soll an einem Wochenende, innerhalb von 24 Stunden unter höchster Geheimhaltung geschehen, damit die Börsen nicht verrückt spielen, die Sparer nicht ihre Guthaben auflösen und am Montagmorgen vor vollendete Tatsachen stehen.
Gleichzeitig wurde beschlossen, innerhalb von acht Jahren einen von den europäischen Banken gespeisten Abwicklungsfonds aufzubauen, der dann 55 Milliarden Euro betragen soll. (Bisher haben die Banken bereits 250 Milliarden Euro Stütze erhalten!) Dieser Fonds darf erst dann herangezogen werden, wenn die Eigentümer der abzuwickelnden Bank, die Anleihebesitzer und die Spareinlagen über 100.000 Euro (Einlagensicherung!) gezahlt haben. Das ist übrigens genau jene Lösung, die in Österreich von den Befürwortern (darunter auch ich) einer Insolvenzlösung gefordert wurde. Die dritte Säule der Bankenunion, eine gemeinsame Einlagensicherung, ist bisher von Deutschland und anderen Staaten verhindert worden.
Diese Schritte gehen zweifellos in die richtige Richtung. Sie verringern die indiskutable Generalübernahme von Bankenschulden durch die Steuerzahler und die Übertragung der Instabilität des Bankensektors auf die Zinskonditionen des Staates. Allerdings ist der aufzubauende Fonds für seine Aufgabe viel zu klein bemessen, die Übergangsfristen sind zu lang und der Entscheidungsmechanismus zur Abwicklung einer systemischen Bank ist viel zu weitverzweigt und kompliziert.
Doch zumindest wissen Finanzakteure jetzt, dass sie für ihre Renditen auch Risiken tragen müssen, dass sie nicht mehr ungebremst Risiken anhäufen und (provisionstragende) Pyramidengeschäfte aufbauen können. Uns Steuerzahlern bleibt wiederum nur zu hoffen, dass diese Signale zu Verhaltensänderungen führen werden und der Akutfall (wie bei der Hypo) niemals mehr eintreten wird.