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Die EU stellt Bulgarien ein schlechtes Zeugnis aus

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Keine Maßnahmen gegen hochrangige Korruption. | Bescheidene Fortschritte in Rumänien. | Brüssel. Tag der Wahrheit für die beiden jüngsten EU-Länder: Bulgarien wird ein katastrophales Zeugnis, was den Kampf gegen die Korruption, das organisierte Verbrechen und die Justiz betrifft, ausgestellt. Sofia drohen deshalb sogar empfindliche Ausfälle von EU-Förderungen, wie die "Wiener Zeitung" berichtete. Die rumänische Regierung habe es dagegen geschafft, bei der Reform der Justiz und im Kampf gegen die Korruption "eine Dynamik wiederherzustellen".


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Keines der beiden Länder muss damit rechnen, dass die im Beitrittsvertrag vorgesehenen Schutzklauseln im Justiz- und Innenbereich aktiviert werden - etwa die Nicht-Anerkennung von Urteilen aus den Ländern. Das geht aus dem Paket von Fortschrittberichten für die beiden Länder hervor, das die EU-Kommission heute, Mittwoch, präsentieren will.

Bulgarien habe zwar einige richtige Schritte gesetzt, wie die Schaffung einer "Bundesagentur für Nationale Sicherheit" für den Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität. Dennoch gebe es gerade im Kampf gegen hochrangige Korruption bisher keine Ergebnisse. Der Skandal um mutmaßliche Stimmenkäufe bei den Lokalwahlen im November 2007 habe wenig Ermittlungen und keine Urteile nach sich gezogen. Das Land sei zudem unfähig, seine Kapazitäten zur korrekten Verwaltung von EU-Mitteln nachzuweisen. Brüssel hat deshalb bereits knapp eine Milliarde Euro Fördergelder eingefroren, rund die Hälfte könnte ohne Fortschritte mit Jahresende verfallen. Auch die Suspendierung von Strukturhilfen könnte drohen, schreiben die EU-Experten. Das Justizsystem sei weiter hochgradig ineffizient.

Bulgarien müsse sich jetzt verpflichten, seine Verwaltung zu säubern und sicherstellen, dass die großzügige Unterstützung, die es von der EU erhält, tatsächlich die Bevölkerung erreicht und nicht von korrupten Beamten abgeschöpft wird, die mit dem organisierten Verbrechen zusammenarbeiten. Dafür müsse das Netz von Interessen und offensichtlichen Verbindungen zwischen der politischen Klasse, der Geschäftswelt und dem organisierten Verbrechen entwirrt werden.

Rumänien kommt besser weg und muss vorläufig auch nicht den Verlust von EU-Förderungen fürchten. So habe die Regierung in Bukarest eine Behörde zur Überwachung der Unabhängigkeit der Justiz geschaffen. Eine Anti-Korruptionsbehörde ermittle inzwischen auch gegen frühere Minister und Abgeordnete wegen Korruption. Allerdings gibt es dabei bisher keine wirklichen Fortschritte, etwa weil das Parlament blockiert. Eine neu etablierte Integritätsagentur, die unerklärbaren Vermögenszuwächsen bei Politikern nachgehen soll, hat ihre Arbeit gerade erst aufgenommen. Die Fortschritte in Rumänien seien zwar bescheiden, aber ein ermutigender Start, heißt es.

Vor allem fehlen ein breiter politischer Konsens hinter den Reformen und der eindeutige Wille aller Parteien, hochrangige Korruption zu bekämpfen. Das Parlament müsse weniger Gesetze per Notverordnung schaffen, der Kampf gegen die Korruption müsse entpolitisiert werden, lauten die Kernforderungen an Bukarest.