Wie schon so oft in der Vergangenheit hat sich die EU-Kommission im Gaza-Konflikt reichlich spät, aber mit Aktionismus, medialer Präsenz und umfassender Ankündigungspolitik in Konflikten als Vermittler und Problemlöser angeboten. Dies war im Libanon 2006 zu beobachten, dann in Georgien, zuletzt bei der Abschaltung der Gaszufuhr seitens Russlands; Friedensappelle der EU an die Konfliktparteien ignorierten diese.
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Das Unfil-Kontingent für den Libanon kam durch die UNO zustande, es ist aber nicht in der Lage, die Hisbollah daran zu hindern mit Raketen auf Israel zu schießen. Das stört Israel nicht wirklich, weil man nichts anderes erwartet hat und Israel nimmt sich das Recht heraus zurückzuschießen, was streng genommen den Sinn der Unfil und die UN-SR-Resolution 1701 vom 11. August 2006 in Frage stellt.
In Georgien hatte man Beobachter engagiert und hinnehmen müssen, dass Russland keine Beobachter akzeptiert. Die stehen daher auf dem Boden Georgiens, dürfen aber Abchasien und Süd-Ossetien nicht betreten, weil Russland das nicht will. Abgesehen von dieser Demütigung haben sie auch keine Kompetenzen, denn was sie nach Brüssel berichten, ist irrelevant. Russland ist eine Großmacht, und die EU wagt es nicht anzuecken.
Im Gasstreit meinte Kommissionspräsident Barroso mit lauter Stimme, man werde Moskau, sollte es die Erdgaslieferungen nicht umgehend wieder aufnehmen, "klagen". Die Frage ist nur wo, wie, vor welchem Gericht und unter welchem Rechtstitel? Der Streit betraf primär Russland und die Ukraine; die Betroffenen haben aber keinerlei Instrumente in der Hand, um ihren Willen gegenüber Moskau durchzusetzen. Retorsion? Womit denn? Einfrieren von russischen Guthaben? Die russische Reaktion kann man sich vorstellen.
Am 18. Jänner trafen sich in Scharm el Sheikh auf Einladung von Mubarak und Sarkozy die Regierungschefs der arabischen Staaten, Olmert, Abbas, Vertreter der Hamas, von Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Tschechien und der Türkei. Anwesend war auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, aber den Ton gaben Sarkozy, Gordon Brown und Mubarak an.
Weder Solana noch Ferrero-Waldner wurden eingeladen, mit diesen gab es nichts zu besprechen. Außen- und Sicherheitspolitik bleibt in Europa Sache der nationalen Regierungen. Man wird sich an die EU wenden, sollten Beobachter zu stellen sein, aber das spielt sich dann auf einer anderen Ebene ab und bedarf letztlich auch der Zustimmung der Hamas.
Für Österreich ist das eine interessante Entwicklung, weil man sehr gut erkennen kann, dass sich bei entscheidenden Fragen weder London noch Paris (noch Berlin) von anderen Institutionen Vorschriften machen lassen. Die Institutionenkrise ist ja nicht neu und betrifft heute alle internationalen Organisationen, man beobachte nur die sinnentleerte OSZE. Gasp und ESVP wiederum sind nach wie vor keine reaktionsfähigen Einrichtungen.
Friedrich Korkisch ist Leiter des Instituts für Außen- und Sicherheitspolitik in Wien.