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Die EU versagt beim Fisch-Schutz

Von Melanie Aldrian

Gastkommentare
Melanie Aldrian ist Pressesprecherin von Greenpeace Österreich.
© © ©PIERREGLEIZES/GREENPEACE

Während die EU-Fischereiminister an einer Reform basteln, geht der Raubbau an den Meeren weiter.


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Nehmen wir einmal genauer unter die Lupe, wo der Fisch seine Reise in die Supermarktregale eigentlich beginnt. Genau dazu hatte ich vor kurzem hautnah Gelegenheit - auf einem Greenpeace-Schiff vor der Küste Westafrikas.

Überdimensionierte Schiffe aus Europa - bis zu 150 Meter lange schwimmende Fischfabriken - fangen und verarbeiten vor der Küste Mauretaniens täglich mehrere hundert Tonnen Fisch - mehr, als das Ökosystem und die westafrikanische Bevölkerung verkraften. Nicht nur ein ökologischer Wahnsinn, in den ärmsten Ländern der Welt vor allem auch eine humanitäre Katastrophe. Während die westafrikanische Bevölkerung mit dem Hunger kämpft, investiert Europa Millionen in jene Schiffe, die Westafrikas wichtigste Nahrungsquelle zum Versiegen bringen. Bis zu 250 Tonnen Fisch gehen täglich in die Netze und verschwinden in den riesigen Schiffsbäuchen aus den Niederlanden, Deutschland, Großbritannien oder Spanien - und werden dort sofort verarbeitet, abgepackt und tiefgefroren.

Warum aber fischt die EU vor Afrika? Um unsere eigenen Meere im vereinten Europa ist es inzwischen schlecht bestellt: Drei von vier Fischbeständen gelten als überfischt. Die EU-Flotte ist zwei- bis dreimal zu groß, um noch nachhaltig fischen zu können. 84.000 Schiffe konkurrieren um die knappe Ressource Fisch. Mithilfe von "Fischereipartnerschaftsabkommen" wird daher längst nicht mehr nur in den eigenen leeren Meeren gefischt. Auf der Suche nach ertragreichen Fischgründen ziehen die größten EU-Schiffe in fremde Gewässer - bis nach Westafrika oder in den Pazifik. Das Nachsehen haben hier wie dort die kleinen Küstenfischer und lokalen Küstenfischer - sie können nicht einfach ausweichen.

Ohne es zu wissen, finanzieren wir als EU-Steuerzahler den Meeresraubbau mit. Hunderte Millionen Euro an Subventionen sind in den vergangenen Jahren in die Fischereiindustrie geflossen. In der EU ist die Fischerei seit 40 Jahren "Gemeinschaftssache". Jeder EU-Fischer, egal ob er im Meer seine Netze auslegt oder im Waldviertel Karpfen züchtet, kommt um die "Gemeinsame Fischereipolitik" nicht herum: Sie regelt für alle EU-Mitglieder, wer wann wo wie viel fischen darf und wer mit Fischereibeihilfen unterstützt wird. Sie regelt aber auch, welche Informationen für Verbraucher auf Fischprodukten aufgedruckt sein müssen.

Vieles läuft schief in Europas Fischerei, das ist offensichtlich. Bis Ende 2012 soll die Gesetzgebung rund um die Fischerei in Europa reformiert werden: Fischfang soll endlich nachhaltig werden. Als Konsumenten können wir mehr zu einer umweltfreundlichen Fischerei für Europa beitragen, als wir vielleicht denken. Je größer die Nachfrage nach nachhaltig gefangenem Fisch, desto größer der Druck: auf die Fischereiindustrie, die ihre Fangmethoden ändern muss, auf den Handel, der im Interesse der Kunden die Produkte ordentlich kennzeichnen muss, und auf die Politiker, die sich für ein umweltschonendes Regelwerk einsetzen müssen.

In diesem Sinne: Guten Appetit - mit nachhaltigem Fisch!