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Die Verkehrsstrategie der EU ist vorläufig gescheitert. Das Verkehrsaufkommen und damit die Umweltverschmutzung nehmen dramatisch zu, der Anteil des Schienenverkehrs sinkt weiter. Die EU-Kommission zollt dieser Entwicklung Tribut und schwächt ihr Ziel ab: Statt von der Verlagerung auf die Schiene ist jetzt von der optimalen Kombination aller Verkehrsmittel die Rede.
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Freie Fahrt für den Güterverkehr für mehr Wirtschaftswachstum in Europa dürfte die Devise sein. Doch die Rechnung geht so nicht auf. Allein die Folgekosten für die immer häufiger werdenden Infarkte des Verkehrsflusses beziffert die EU-Kommission schon heute mit einem Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts. Der Straßengüterverkehr soll von 2000 bis 2020 gleich um 55 Prozent steigen. Der große Stau ist vorprogrammiert.
Auch Verkehrskommissar Jacques Barrot gibt zu, dass es auf den Transitrouten wie dem Brenner in Österreich so nicht weitergehen kann. Es ist ihm anzurechnen, dass er den Schienenausbau an solchen Engstellen weiterverfolgen will. Beachtlich ist auch seine Intention, die Maut künftig um externe Kosten wie für Umwelt- und Gesundheitsschäden erhöhen zu wollen. Mit dem Transitrechtehandel greift er sogar schon Ideen der europäischen Grünen auf.
Doch die Zeit spielt gegen ihn. Schon die Einigung auf das bisherige europäische Mautsystem - die so genannte Wegekostenrichtlinie - hatte Jahre gedauert. Nicht zuletzt Zugeständnisse von Verkehrsminister Hubert Gorbach wie ein Aufschub der Einberechnung externer Kosten hatten den Kompromiss vor einem guten Jahr schließlich möglich gemacht. Österreich durfte zumindest die derzeitige Maut über den Brenner beibehalten.
Wie hoch die externen Kosten aber sein könnten, will die Kommission erst bis zum Jahr 2008 ausrechnen. Einen Zeitplan für die Berücksichtigung im europäischen Mautsystem ist Barrot in seinem neuen Strategiepapier ganz schuldig geblieben. Und konkretere Ideen für den Transitrechtehandel stehen überhaupt in den Sternen.
Ob das System dann tatsächlich die Lkw-Fahrten reduziert, bleibt abzuwarten. Auch bei dem als Meilenstein für Kyoto gepriesenen Emissionshandel blieben haufenweise Zertifikate übrig. Große Staaten wie Deutschland, Italien und Spanien haben das Konzept schon einmal grundsätzlich abgelehnt.
Denn die harten Fronten in Europa sind auch nach der Einigung auf die Wegekostenrichtlinie unverändert geblieben. Die EU-Staaten in Randlagen sträuben sich mit aller Kraft gegen die Erhöhung der Transitkosten. Die Transitländer wiederum wehren sich gegen den rasant zunehmenden Schwerverkehr über ihre Alpenpässe. Am Ende kann hier nur ein effizientes und gut ausgebautes Eisenbahnnetz weiterhelfen. Sich als EU-Kommission von diesem einzig zukunftsträchtigen Lösungsansatz als oberstem Ziel zu verabschieden, ist das falsche Signal.