Zinssatz klettert um 25 Basispunkte auf 3 Prozent. | Zinsexperten erwarten noch zwei weitere Schritte. | Frankfurt/Wien . Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins wie erwartet von 2,75 auf 3 Prozent erhöht. Das teilte die EZB am Donnerstag nach ihrer Ratssitzung mit. "Wir werden weiter alle Entwicklungen sehr eingehend beobachten, um die Preisstabilität zu sichern", betonte der EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. Während die Inflationsrisiken zugenommen hätten, seien die Wachstumsaussichten kurzfristig weiter günstig. Allerdings wiesen geopolitische Spannungen auf längerfristige Wachstumsrisiken hin.
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Der Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, Klaus Liebscher, sieht die Zinserhöhung der EZB als "notwendige Anpassung" der Zinssituation. Die EZB spricht angesichts der besseren Konjunktur, hoher Ölpreise und bevorstehender Steuererhöhungen im Euroraum wie etwa die Anhebung der Mehrwertsteuer in Deutschland - von einer heraufziehenden Inflationsgefahr.
Die Inflationsrate liegt im Euro-Raum seit geraumer Zeit knapp über zwei Prozent. Die Wirtschaft hat sich gut erholt, aber mit einer weiteren Beschleunigung sei im kommenden Jahr nicht zu rechnen, meint Gerhard Winzer, Zinsexperte der Bank Austria Creditanstalt. "Das Umfeld wird ungünstiger".
Seit Ende 2005 hat die EZB den Leitzins in vier Schritten um einen Prozentpunkt angehoben. Der EZB-Rat verringerte den Zeitabstand zwischen den Zinsschritten nun von drei auf zwei Monate. Analysten erwartet noch zwei weitere Anhebungen im Oktober und Dezember bis auf 3,5 Prozent.
EZB agiert wie erwartet
Nach deutlichen Signalen von Seiten der Währungshüter war der Zinsschritt an den Finanzmärkten erwartet worden. Es gab keine signifikanten Reaktionen an den Märkten, so Rainer Singer, Analyst der Erste Bank.
Der Zinsschritt der EZB hat auch Folgen für die Sparer: Die Spar- und Kreditzinsen werden ansteigen, meint Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Zentralbank (RZB). Erste Bank und BA-CA haben bereits angekündigt, die Zinsen für Sparprodukte zu erhöhen.
Fed gibt Rätsel auf
Zum ersten Mal seit Beginn des weltweiten Zinsanhebungszyklus vor zwei Jahren können Analysten die weiteren Schritte der US-Notenbank Fed nicht mehr mit Sicherheit voraussagen. Die Kernbotschaft der Fed laute "Fifty-Fifty", so Zinsexperte Winzer. Es habe mit dem neuen Fed-Chef Ben Bernanke ein Regimewechsel stattgefunden.
Der Wissenschaftler Bernanke sorgt durch seine offenen und widersprüchlichen Aussagen für vermehrte Spekulation, beobachtet auch Brezinschek. Ob es bei der nächsten Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses am 8. August zu einer weiteren Zinserhöhung oder zu einer Pause kommen wird, sei nicht einzuschätzen.
Rainer Singer von der Erste Bank ist der Ansicht, dass die Fed kommende Woche eine Pause einlegen und vorerst keine weiteren Schritte vornehmen werde. Ende des Jahres oder Anfang 2007 sei dann eine Zinssenkung um 25 Basispunkte zu erwarten.
Die Bank of England (BoE) erhöhte den Leitzins am Donnerstag überraschend von 4,5 auf 4,75 Prozent. Damit machte die BoE ihre umstrittene Zinssenkung vor einem Jahr wieder rückgängig. Die BoE begründete ihre Entscheidung mit dem kräftigen Wirtschaftswachstum und erwartet, dass die Inflationsrate noch länger über 2 Prozent verharren wird. Die Währungshüter sehen Anzeichen für eine Belebung der Konsumausgaben und der Investitionen.
Die BoE befinde sich nicht in einem Anhebungszyklus, meint Winzer. Bis Jahresende erwartet der Experte höchstens noch einen weiteren Zinsschritt.