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Die ewig junge Diskussion

Von Simon Rosner

Politik

Der Ruf nach einer Steuerreform wird wieder lauter, die Vorschläge zur Finanzierung sind aber altbekannt.


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Wien. Da ist sie, endlich!, die Lohnsteuerreform, die von vielen seit Jahren eingemahnt wird. Allerdings ist es nur eine Lohnsteuerverrechnungsreform, und das ist dann doch etwas anderes. Bis Herbst jedenfalls soll die sehr komplexe Lohnverrechnung vereinfacht, Bemessungsgrundlagen im ASVG und im Einkommenssteuergesetz harmonisiert und Beitragsgruppen zusammengefasst werden. Diese Maßnahmen sollen für die Unternehmen eine Entlastung sein, erklärte Finanzminister Michael Spindelegger.

Die Lohnsteuerreform, die echte, existiert bisher nur als Debatte. Sie war vor der Nationalratswahl allgegenwärtig, sie flackerte danach kurz auf, ehe sie sich für einige Monate wieder verabschiedete. Nun keimt sie jedoch wieder auf und die diversen Interessengruppen bringen ihre Forderungen unters Volk.

Im Regierungsprogramm ist vermerkt: "Der Eingangssteuersatz soll - unter gleichzeitiger Abflachung der Progression - in Richtung 25 Prozent gesenkt werden, sobald eine ausreichende Gegenfinanzierung oder budgetäre Spielräume gegeben sind." Das ist der mittlerweile berühmte, aber auch logische Finanzierungsvorbehalt. Geringere Steuern bedeuten geringere Ausgaben, man muss es sich also leisten können.

Millionärssteuer und Verwaltungsreform

Man könnte es sich aber auch leisten wollen, doch dann müsste dafür eine Gegenfinanzierung aufgestellt werden. Und da teilen sich die bis dahin weitgehend einhelligen Meinungen, dass eine Steuerreform notwendig sei und kleinere bis mittlere Einkommen entlastet werden müssten.

Aus den Reihen der Gewerkschaft war zuletzt wieder die Millionärssteuer als Gegenfinanzierung in die Debatte eingeworfen worden. Man habe gute Kollektivvertragsabschlüsse verhandelt, durchschnittlich plus 2,4 Prozent, also deutlich über der Inflation, doch da die Steuersätze nicht an die Preissteigerungen angepasst wurden, sei vom Lohnzugewinn real nichts mehr übrig geblieben. "Die Lohnsteuer gehört runter und die Millionärssteuer gehört eingeführt", sagte ProGe-Chef Rainer Wimmer.

Eine solche Millionärssteuer, wie immer sie auch aussehen mag, wird von anderer Seite kategorisch abgelehnt. Die Industriellenvereinigung ist strikt dagegen, sie forderte schon vor Monaten eine Gegenfinanzierung durch Einsparungen: bei Pensionen, etwa durch Erhöhung des Frauenpensionsantrittsalters, bei Förderungen, im Gesundheitsbereich sowie durch den Klassiker, der Verwaltungsreform. Insgesamt sollen vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts eingespart werden und die Steuerlast im selben Ausmaß gesenkt werden. Vor der Wahl ist von den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP etwa die Hälfte des Umfangs als Ziel einer Steuerreform genannt worden.

Der ÖAAB ist einer Millionärssteuer nicht prinzipiell abgeneigt, "aber es hat uns noch niemand sagen können, wie sie genau aussehen soll", sagt Generalsekretär August Wöginger. "Bei 300.000 Euro sind wir sicher nicht dabei." Wenn der Staat erst ab einer Million den Wohlhabenden in die Tasche greift, sieht die Angelegenheit für den ÖAAB, dessen Chef Finanzminister Spindelegger bis 2011 war, schon anders aus.

Wöginger sagt aber auch: "Mit einer Millionärssteuer wird man die Steuerreform nie finanzieren können." Er will bei den "über 500 Ausnahmeregelungen" und bei den Förderungen ansetzen, wie es auch die Industriellenvereinigung fordert. Ob er, Wöginger, tatsächlich mit einer Steuerreform in dieser Legislaturperiode rechnet? "Ja", sagt er, "ich glaube schon. Aber ohne Gegenfinanzierung wird’s nicht gehen." Womit man wieder beim Kern der Debatte ist, die nun zwar erneut beginnt, bei der ein Ende aber nicht in Sicht ist.