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Die Experten und Politiker ziehen nicht an einem Strang

Von Walter Hämmerle

Politik

Die nachhaltige Reform des österreichischen Gesundheitssystems scheitert am mangelnden Konsens zwischen Gesundheitsökonomen, -politikern und -praktikern - so lautete der Tenor einer gemeinsam vom "Management Club" und "Mind Mapping Table" am Mittwochabend veranstalteten Podiumsdiskussion mit Gesundheitspolitikern aller vier Parlamentsparteien. Statt immer nur den Blick starr auf morgen zu richten, bedürfe die Gesundheitspolitik vielmehr eines 10-Jahres-Horizontes in ihrer strategischen Planung.


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Österreich verfügt über ein Weltklasse-Gesundheitssystem - zumindest darüber herrschte zwischen Staatssekretär Reinhart Waneck, VP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger, dem Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse Franz Bittner und dem Grünen Gesundheitssprecher Kurt Grünewald Einigkeit. Statt - wie in Wahlkampfzeiten üblich - in Detailfragen abzugleiten, dominierte wider Erwarten der kritische Blick auf die bestehenden Strukturen und ihre Defizite statt parteipolitischer Polemik.

Rasinger: Experten, Politiker und Praktiker uneinig

Für Rasinger stehen alle Gesundheitssysteme der Welt vor den gleichen Problemen: Steigende Lebenserwartungen und der medizinische Fortschritt führen zu einer Kostendynamik, die mit der heutigen Einnahmensituation nicht mehr bewältigbar ist. Der ständige Blick auf die Kosten verstelle jedoch die Sicht auf die entscheidenden Fragestellungen: Welches Niveau der medizinischen Versorgung wollen wir, welches Niveau ist überhaupt finanzierbar, wie hoch soll der Solidaritätsfaktor sein und wie soll die Finanzlast verteilt werden? Ein Konsens in diesen Fragen scheitert für Rasinger an der Uneinigkeit von Gesundheitsökonomen, -politikern und -praktikern.

Waneck: Mehr Markt im Gesundheitswesen

Auch Waneck will zuerst die Ziele und die Wege, die zu diesen führen, unter Einbeziehungen von Patienten und Betroffenen definieren, statt "immer nur übers Geld zu reden". Um dann aber doch gleich mit einem Vorschlag aufzuwarten, der einen Beitrag zur Kostenersparnis bringen könnte: Nämlich bestimmte Marktmechanismen und Wettbewerbselemente in das Gesundheitssystem einzuführen. Vor allem die Patienten würden davon profitieren, ist Waneck überzeugt.

"Alle Parteien sagen, das Gesundheitssystem steht unmittelbar vor dem Bankrott. Trotzdem wird nicht darüber geredet", ärgert sich Grünewald. Die Ursache hierfür liegt für ihn in der mangelnden Steuerungskompetenz des Bundes. Ohne die Kooperation von Ländern und Bezirkshauptmannschaften seien Reformen nämlich praktisch unmöglich.

In Österreich denke man jedoch auch in der Gesundheitspolitik immer nur an morgen, statt - wie bei strategischen Planungen üblich - in einem 10-Jahres-Horizont.

Bittner: Bundesweite

Gesamtausgabenstelle

Den interessanten Zusammenhang zwischen der Anzahl von Ärzten und Spitälern auf der einen, und der Menge an verschriebenen Medikamenten auf der anderen Seite stellte Bittner her. Auch seien die Wiener niedergelassenen Ärzte "exzellente Ambulanz-Zuweiser".

Beides seien natürlich Faktoren, die auf das wirtschaftliche Gebahren seines Unternehmens, der Wiener Gebietskrankenkasse, nicht gerade positive Auswirkungen hätten. Als Konsequenz regt Bittner die Schaffung einer "bundesweiten Gesamtausgabenstelle" an, die zu einer höheren Kostentransparenz beitragen soll.