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Die Fabrik im Wohnzimmer

Von Markus Rapp

Politik

Nicht um Waschmittel, sondern um die drückenden Arbeitsbedingungen am "informellen Sektor" der globalisierten Bekleidungsindustrie ging es am Mittwoch auf einem Symposium der Plattform "Frauensolidarität". Denn es sind vor allem Frauen, meist in der Dritten Welt, die für einen Hungerlohn jene Markenware herstellen, die wir am Leibe tragen. Die Kampagne für Saubere Kleider (Clean Clothes Campaign, CCC) will dafür Bewusstsein wecken.


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Millionen von Frauen produzieren Textilien und Schuhe für den Weltmarkt in Heimarbeit: ihre Leistung ist unsichtbar und alles andere als arbeitsrechtlich geschützt. In Chile etwa - keinem typischen Dritte-Welt-Land - existiert Heimarbeit offiziell überhaupt nicht, dennoch fußen die Erfolge des Neoliberalismus gerade auf ihr, berichtet die Soziologin Maria Emilia Tijoux von der Universität ARCIS. Fabriken wurden geschlossen und die Arbeit schlicht ausgelagert: Auf die Art sind Arbeitnehmer und Arbeitgeber samt Rechten und Pflichten unsichtbar geworden, so Tijoux. Die Konkurrenz zwischen Regierungen um Standorte multinationaler Konzerne weicht weltweit Umwelschutz- und Arbeitsgesetze auf.

Aber man kann sich auch dagegen organisieren: die SEWA (Self Employed Women`s Association) in Indien zählt über 300.000 Mitglieder, unterhält Schulungszentren und auch eine eigene Sparkasse, um Arbeitsgerät für Näherinnen vorzufinanzieren. Doch der Durchschnittslohn für einen 12-Stunden-Tag Akkordarbeit ist für Heimarbeiterinnen in Indien gerade mal 1 US-Dollar.

Die CCC kritisiert seit Jahren die Praxis von Textilmultis wie Nike, Adidas, H&M, ihre Produktion und damit auch ihre soziale Verantwortung an ferne Lizenznehmer und vielfache Sub-Unternehmer zu delegieren. Die Konzerne leugnen das Problem zwar inzwischen nicht mehr, aber den Verhaltenskodex von Clean Clothes zu unterschreiben, haben sich bislang noch die meisten geweigert. Dabei fordert CCC nicht unmäßig viel mehr als die Mindestentlohnung auf der Basis des landesüblichen Lebensstandards.

Internet: www.cleanclothes.org