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Stolze Besitzer von Facebook-Aktien gibt es vermutlich nur wenige. Seit Donnerstag wohl noch weniger - der Kurs fiel erstmals unter 20 Dollar, ein absoluter Tiefstand. Das Papier ist damit gerade noch die Hälfte des Ausgabekurses von 38 Dollar wert. Dabei sollte der Börsegang eine Erfolgsgeschichte wie aus dem Wall-Street-Bilderbuch werden. Die wurde es auch - aber nur für einige wenige: Facebook-Gründer Mark Zuckerberg verkaufte seine Anteile für 1,1 Milliarden Dollar. Und die beteiligten Investmentbanken sollen ebenfalls großartig verdient haben.
Auf der Strecke blieben enttäuschte Privatanleger, die eher einen riskanten Wettschein erworben haben als ein seriöses Papier, das auch einem Portfolio zur Altersvorsorge beigemischt werden könnte.
Der aktuelle Sinkflug hängt damit zusammen, dass am Donnerstag die ersten Haltefristen für die Facebook-Papiere von Mitarbeitern und Investoren der ersten Stunde endeten. Dadurch könnten noch einmal 1,9 Milliarden Facebook-Aktien auf den Markt kommen. Sollten die Altaktionäre ihren Besitz so schnell wie möglich zu Geld machen wollen, würde der Kurs noch weiter fallen.
Es wäre ein Wunder, wenn sie es nicht täten. Auch Mitarbeiter der Rabattplattform Groupon sorgten für eine veritable Aktienschwemme, als sie nach dem Börsegang ihre Firmenanteile auf den Markt warfen. Dabei verfolgt Groupon ein vergleichsweise glasklares Geschäftsmodell: Der Internetdienst bietet Unternehmen an, für sie Rabattgutscheine zu verkaufen. Facebook besitzt Psychogramme von 800 Millionen Menschen und weiß, was sie wollen und wo sie wohnen. Damit lassen sich Werbebotschaften maßschneidern. Die Ausbeutung dieser Ressourcen endet aber immer öfter als Streitfall vor Gericht. In "Sponsored Stories" zum Beispiel werden Vorlieben der Facebook-Freunde direkt vermarktet: Der User verwandelt sich in ein Testimonial, dessen "Gefällt mir"-Signal als Werbung verkauft wird.
Logisch, dass auch diese Zumutung vor Gericht endete und um eine Ausstiegsoption erweitert werden musste. Es ist dieser Widerspruch zwischen Stakeholder- und Firmenzielen, der Facebook zu schaffen macht. Je besser es der Börse gefallen möchte, desto mehr stört es seine 800 Millionen informellen Mitarbeiter bei deren virtueller Beziehungspflege. Noch ein Grund mehr für Altaktionäre, die Option "Halten" zu ignorieren.