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Die falsche Richtung

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Es ist Sinn und Zweck der Opposition im Parlament, die Regierung und die sie unterstützenden Parteien kritisch zu hinterfragen. Tatsächlich gab es gestern erneut eine Debatte im Nationalrat zum Budget. Dabei wurde leider erneut die Chance vergeben, das Budget unter dem Gesichtspunkt der Konjunkturankurbelung zu diskutieren. Der Regierung wurde Missmanagement vorgeworfen, aber alle Abgeordneten blieben dabei auf der Oberfläche. Wenn sich der Nationalrat wirklich ernst nimmt, dann genügt es nicht, die Regierung - je nach Parteizugehörigkeit eben - entweder zu loben oder in Grund und Boden zu verdammen.

Insbesondere die von den Grünen vorgeschlagene Ministeranklage gegen Finanzministerin Maria Fekter ist starker Tobak. Diese schärfste Waffe der parlamentarischen Opposition wurde hier falsch eingesetzt. Denn in der Budgetloch-Küche haben alle Köche den Brei verdorben, nicht nur Maria Fekter.

Interessant war der Vorschlag von Frank Stronach, die Gruppenbesteuerung für Unternehmen aufzulösen, die in Österreich keine Investitionen tätigen. Gleichzeitig will er die Körperschaftssteuer für Unternehmen, die in Österreich investieren, auf zehn Prozent reduzieren. Das Bonus-Malus-System klingt bestechend, wäre aber ein Desaster. Denn viele Holdings, die (meist) in Wien ihre Zentrale unterhalten, würden ohne Gruppenbesteuerung in andere EU-Länder abwandern. Und die in Österreich investieren, würden statt 25 nur zehn Prozent Steuer auf Unternehmensgewinne bezahlen.

Stronach hat es so nicht gemeint, doch sein Beispiel zeigt eines sehr deutlich: Nationale Budgets haben kaum noch Spielraum, und an diesem fehlenden Spielraum verzweifeln nationale Abgeordnete in Budget-Debatten.

Den logischen Schluss haben die Abgeordneten aber nicht gezogen. Niemand forderte eine einheitliche europäische Steuerpolitik. Ohne die wird es aber nicht mehr gehen, denn eine Rückkehr zu alter nationaler Selbstbestimmung würde unweigerlich Massen-Armut zur Folge haben. Die grenzüberschreitend tätigen Unternehmen würden aus Österreich abwandern, und das sind mittlerweile alle größeren (Ausbildungs-)Betriebe. Abgeordnete, die ihre Verantwortung ernst nehmen, sollten wissen, dass sie als Brandstifter agieren, wenn sie Österreich ein neues Biedermeier versprechen.