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Die Faszination des Grauens

Von Bernhard Baumgartner

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Der Schauspieler und Autor Bruce Robinson ist nicht für sein kriminologisches Genie bekannt. Er ist auch kein Naturwissenschafter oder Historiker. Viel eher kannte man den Schauspieler aus Franco Zeffirellis "Romeo und Julia" (1968). Er spielte neben Richard Chamberlain und arbeitete mit François Truffaut. Später wechselte er vom Schauspiel zur Literatur und schrieb "The Killing Fields". 2011 erschien sein Film "The Rum Diary", den er seinem Freund Johnny Depp auf den Leib schrieb. Alles in allem eine solide Karriere im Showbusiness. Doch nun lässt Robinson in einem Interview mit dem "Telegraph" aufhorchen: Er habe, so sagt er, nach 14 Jahren obsessiver Recherche das Geheimnis um Jack the Ripper gelüftet. Eine ganze Scheune voller Unterlagen aus viktorianischer Zeit habe zu einem einzigen Schwarz-Weiß-Bild auf seinem Schreibtisch geführt: Es zeigt Michael Maybrick, den Robinson "seinen Kandidaten" nennt: populärer Sänger, Freimaurer, Psychopath und unterdrückter Homosexueller, der, offenbar geschützt von der Freimaurerei, plötzlich von der Bildfläche verschwand. Und auf dessen Grabstein - er starb Jahre später zurückgezogen auf einer Insel - die Worte aus der Offenbarung standen: "There shall be no more death."

14 Jahre hat den Profi-Autor seine private Ripper-Obsession gekostet. Seine 500-Seiten-Anklageschrift erscheint dieser Tage in den britischen Buchläden. Nicht die erste, aber auch sicher nicht die letzte. Denn das Schöne an dem Thema ist: Wo sonst kann man so ungeniert spekulieren? Denn alle, die einen sonst klagen könnten, sind längst tot.