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Die Feigheit der Regierenden

Von Walter Hämmerle

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Das Bundesheer muss sparen - das allein wäre keine Katastrophe. Fatal ist dies nur deshalb, weil die Politik vor den Konsequenzen zurückschreckt.


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Man kann durchaus der Meinung sein, Österreich benötige keine militärische Landesverteidigung im eigentlichen Sinn des Wortes mehr. Nur sollte man dies dann auch genau so formulieren, vor allem, wenn man in politischer Verantwortung steht. Denn genau darauf läuft der sicherheitspolitische Kurs hinaus, den die Regierungen der vergangenen zehn Jahre verfolgen. Manche kühlen Auges und klarer Strategie, andere eher hilflos stolpernd und irrlichternd.

Die neuen Sparvorgaben von rund 50 Millionen Euro sind - für sich genommen - dabei gar nicht die Katastrophe. Es ist die Summe einer langjährigen Politik der Vernachlässigung und Täuschung, die das Heer an den Abgrund geführt hat.

Dass die Budgets dabei ständig weniger wurden, ist nicht das Problem, zumindest nicht das größte. Viel fataler wirkt sich die Feigheit der Regierenden aus, den Bürgern die Wahrheit über die Zukunft des Bundesheeres zuzumuten. Statt den Auftrag des Bundesheeres an die schrumpfenden Budgets anzupassen, strichen die Verantwortlichen zwar munter die Mittel, verweigerten sich aber jeder Debatte über die Konsequenzen für die Strukturen. Hier spielen nicht zuletzt auch die Bundesländer eine unrühmliche Rolle, die allein schon jegliches Nachdenken über weniger Standorte im Keim erstickten.

Es war und ist diese Verweigerung realistischer politischer Leitlinien, die das Bundesheer und seine Angehörigen zermürbten. Ob sich das nun ändert, da die nächste Runde an Sparmaßnahmen ansteht? Wahrscheinlich ist es auf jeden Fall. Ein Jahr nach dem Ja zur Wehrpflicht hat wohl keine Partei den Mut dazu, das Bundesheer zu einer reinen Einsatzarmee für internationale Missionen zusammenzustreichen. Und sinnvolle Kooperationen etwa nach dem Vorbild der Skandinavier, die ohne Rücksicht auf den Mythos der nationalen Souveränität Ressourcen zusammenlegen und teilen, scheitern bei uns schon daran, dass es niemanden gibt, solche Ideen mutig voranzutreiben. Wenig verdeutlicht dies stärker als unser Umgang mit der Neutralität. Wer dieser Tage mit Angehörigen des Bundesheeres spricht, der kann die Verzweiflung der Staatsdiener, in die sich nicht selten auch Verachtung für die politische Klasse insgesamt mischt, mit Händen greifen.

Was zur grundsätzlichsten aller Fragen führt, ob Politiker nicht eine grundsätzliche Verantwortung tragen für die ihnen treuhänderisch anvertrauten Institutionen im Eigentum der Republik. Immerhin gibt es, um beim Beispiel des Bundesheeres zu bleiben, nicht den geringsten politischen Auftrag seitens des Souveräns, diese existenzielle Einrichtung einfach so gegen die Wand fahren zu lassen. Wie gesagt: Man kann genau dieses Ziel durchaus anstreben, aber dann muss man sich zuerst grünes Licht von den Bürgern holen. Alles andere ist, man muss es so deutlich sagen, bewusste Vernichtung von öffentlichem Eigentum.

Es wäre hoch an der Zeit für eine grundsätzliche Debatte über die Zukunft des Bundesheers, die Kampagne über die Wehrpflicht war diesbezüglich eine krasse Themenverfehlung.