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Das Sozialkapital eines Betriebes ist eine mehrdeutige Größe. Einerseits bietet es eine Aussage über das Humankapital eines Unternehmens, andererseits kann es eine beachtliche Hypothek für den Betrieb darstellen, aus dem Analysten nicht immer Positives für den Unternehmenswert ableiten. Viele Manager versuchen, den belastenden Passivblock aus den Bilanzen auszugliedern. Ein soeben veröffentlichter Erlass der Finanzverwaltung will die Ausgliederung steuerlich erleichtern.
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Gemeint ist die Übertragung der betrieblichen Abfertigungs- und Jubiläumsgeldverpflichtungen an eine Versicherungs-gesellschaft, die dieses Obligo gegen entsprechende Prämien übernimmt. Durch die Eliminierung der Passivposten aus der Bilanz ändert sich nichts an der arbeitsrechtlichen Verpflichtung den Mitarbeitern gegenüber; Was sich ändert, ist die Quelle, aus denen bei Fälligkeit der Arbeitnehmeransprüche das Geld kommt. Übertragen wird der versicherungsmathematische Barwert der (zunächst nur fiktiven) Abfertigungs- und Treuegeldansprüche der Dienstnehmer, der nicht immer mit den Rückstellungsbeträgen in der Bilanz übereinstimmen muss.
Gleichzeitig entfällt die (steuerrechtliche) Verpflichtung zur Wertpapierdeckung. Ein Regressanspruch gegenüber der Versicherung ist nicht zu aktivieren.
Prämienaufwand kompliziert
Der Übertragung der Vorsorgeverpflichtungen steht ein ent-sprechender Prämienaufwand bei der Unternehmung gegenüber, der im Gegensatz zur "kostenfreien" Passivierung des Fremdkapitals nun Zusatzkosten darstellt, die teilweise sicher zu verlorenem Aufwand werden; Es ist eben der Preis der "Bilanzverschönerung". Die Prämien stellen Betriebsausgaben dar, sind jedoch — so sieht es der BMF-Erlass vor — nur limitiert steuerlich absetzbar. Das Limit orientiert sich an der rechnerischen Weiterdotierung der Rückstellungen einerseits und an den tatsächlichen Auszahlungen (soweit diese die rückgestellten Vorsorgen übersteigen) andererseits. Das alles bedingt, dass die Unternehmungen die bei ihnen nicht mehr passivierten Rückstellungen außerbilanzmäßig jährlich weiter berechnen und in einer besonderen Evidenzliste der Finanz regelmäßig bekanntgeben müssen. Sind die jährlichen Prämienzahlungen höher als der jeweils ermittelte Limitbetrag, müssen die Mehrprämien als Rechnungsabgrenzung oder als sonstige "Bilanzierungshilfe" aktiviert werden und dürfen erst im Jahr der tatsächlichen Abfertigungs- oder Jubelgeld-Auszahlungen zu Absetzposten werden.
Mehrprämie gegen ao. Ertrag
Durch den Wegfall der bisherigen Passivposten entsteht natürlich ein außerordentlicher Ertrag, der hinsichtlich seines steuerlichen Anteils auch steuerpflichtig wäre. Die Finanz erlaubt allerdings im gleichen Jahr, diesen Ertrag durch eine entsprechende Mehrzahlung an Prämien aufwandsmäßig zu neutralisieren, was voraussetzt, dass bei dem übertragenden Unternehmen auch entsprechende Liquidität vorhanden ist. Hier orten Kritiker des Erlasses auch den wesentlichsten Schwachpunkt des Modells.
Wie erwähnt entfällt allerdings ab dem Jahr der Übertragung der Verpflichtungen für das Unternehmen auch die erforderliche Wertpapierdeckung; Ihr Freiwerden könnten somit zur Finanzierung der hohen Neutralisierungsprämie im Übertragungsjahr mit herangezogen werden.
Steuer bei Direktauszahlung
Lohnsteuerlich wird klargestellt, dass die jährlichen Prämien für die Mitarbeiter nicht als Vorteile aus dem Dienstverhältnis anzusehen sind. Die Lohnsteuerpflicht der Abfertigung bzw. des Jubiläumsgeldes entsteht erst dann, wenn es tatsächlich zu der entsprechenden (Direkt-)Auszahlung seitens der Versicherung kommt.
Diese Auszahlung muss dem Arbeitgeber-Unternehmen natürlich gemeldet werden, weil der Auszahlungsbetrag ja über dessen Lohnverrechnung geführt werden muss. Da der Arbeitgeber für die anfallende Lohnsteuer die volle Haftung trägt, muss er zusehen, dass ihm der betreffende Arbeit-nehmer die anfallende Lohnsteuer auch rechtzeitig refundiert. Eine Steuerfreiheit für die Übertragung der Abfertigung (als Einmalprämie) zu einer Rentenversicherung (ähnlich der begünstigten Übertragung einer Pensionsabfindung) ist nicht vorgesehen.