Die Konsequenzen eines Neins sind für Iren bereits absehbar. | Brüssel. Für den Fall eines Scheiterns des EU-Reformvertrags von Lissabon hat niemand einen Plan C in der Schublade. Plan B läuft nach der Totgeburt des Verfassungsvertrags vor rund drei Jahren bereits ab.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der Experte Hugo Brady vom Londoner Centre for European Reform skizziert für die "Wiener Zeitung" mögliche Auswegszenarien:
Erstens könnte Irland wie schon nach dem letzten gescheiterten Referendum zum Nizza-Vertrag 2001 ein zweites Mal abstimmen. Das sei allerdings nur möglich, wenn die Wahlbeteiligung außerordentlich niedrig sei und Wahlanalysen klar ergäben, dass in Wahrheit über etwas völlig anderes als den Reformvertrag abgestimmt worden sei schließlich kämpft das Nein-Lager mit ziemlich weit hergeholten und unrichtigen Argumenten: Mit dem neuen Vertrag in Irland würden Homosexuellen-Ehe, Abtreibung, Prostitution, Sterbehilfe und harte Drogen legalisiert.
Dass Premier David Cowen eine zweite Abstimmung ausschließt, ist laut Brady kein Gegenargument für die Wiederholung der Abstimmung, denn "nach einem gescheiterten Referendum ist alles anders".
Zweitens könnte einfach gar nichts passieren: Der politische Wille der europäischen Regierungen für die notwendigen Reformen der EU-Strukturen würde durch eine weitere Schlappe in Irland bis auf weiteres gebrochen. Großbritanniens ohnehin schwer unter Druck stehender Premier Gordon Brown bräche die Ratifizierung ab. Auch Tschechien und Polen seien ohnehin zunehmend nicht so glücklich mit dem neuen Regelwerk, so Brady. "Das wäre das Ende des Vertrags."
Drittens könnte Irland künftig mehr oder weniger aus der weiteren Integration der EU ausgeschlossen werden. Entweder ginge eine Gruppe von Ländern im Sinne der "verstärkten Zusammenarbeit" voran und das Gespenst des "Kerneuropas" tauchte erneut auf. Oder Irland erhielte weitere umfangreiche Ausnahmeregelungen wie etwa Dänemark nach dem Maastricht-Nein 1992. Darum dürfen die Dänen bis heute nicht beim Euro mitmachen.
Auch Irland könnte nach Bradys Überzeugung erst "viele Jahre in der Zukunft" wieder aufschließen. Sicher sei nur: Bei einem Nein dürfte das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs Ende nächster Woche wohl zu einem ordentlichen Krisengipfel werden.