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Die FPÖ ist zurück im Spiel um die Macht

Von Walter Hämmerle

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Alle reden über die Wiener Wahl, dabei wird die Zukunft der Koalition in der Steiermark entschieden.


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Dem dritten Lager steht ein spannendes Jahr ins Haus. Wieder einmal. Denn eigentlich war das gesamte zurückliegende Jahrzehnt für die Freiheitlichen eine, nun ja, sagen wir nervenaufreibende Epoche.

2010 wird, davon kann man ausgehen, an diese Tradition anknüpfen. Allerdings scheint fürs Erste die Machtfrage im dritten Lager geklärt - der Führungsanspruch von Heinz Christian Strache ist unumstritten. Kein Wunder: Noch gibt es ja auch keinen Vizekanzler, der die Autorität des Chefs in Frage stellen könnte, wie es weiland bei Susanne Riess-Passer vs. Jörg Haider der Fall war.

Noch nicht, denn natürlich ist das strategische Denken der FPÖ auf eine künftige Regierungsbeteiligung hin ausgerichtet. Diesem Zweck dient auch die Vernunft-Ehe zwischen Bundes-FPÖ und Kärntner BZÖ: Regierungsmehrheiten ohne Blau und jenseits von Rot-Schwarz rücken dadurch in weite Ferne.

Erste Konsequenz: Den Grünen droht bundespolitisch die Marginalisierung, sie wären im Falle eines solchen Szenarios für SPÖ und ÖVP als Mehrheitsbeschaffer unbrauchbar.

Die Weichen hierfür werden bei den Wahlen 2010 gestellt: Die FPÖ wird einen Gegenkandidaten zu Heinz Fischer bei der Bundespräsidentenwahl aufstellen. Topfavoritin ist Barbara Rosenkranz. Das Wohlwollen der Fischer-kritischen "Krone" dürfte ihr sicher sein.

In ihrem Windschatten wird Strache - in wahrscheinlicher Ermangelung eines ÖVP-Kandidaten - versuchen, die Wähler rechts der Mitte hinter seiner Partei zu versammeln. Für 20, vielleicht sogar 25 Prozent könnte das durchaus reichen.

Strache selbst wird eher nicht in den Ring steigen. Seinem Image und seinem Stil fehlt jeglicher präsidialer Anstrich, den erwarten sich selbst FPÖ-Anhänger von einem Hofburg-Kandidaten. Zudem wären in einem Match gegen Fischer 20 Prozent für Rosenkranz ein relativer Erfolg; 20 Prozent für Strache dagegen eine gefühlte Niederlage. Eine solche aber kann der aufstiegswillige FPÖ-Chef im Vorfeld der Wiener Landtagswahl am allerwenigsten gebrauchen.

Apropos Wien: Der Wahlkampf in der Bundeshauptstadt wird zwar zweifellos im Zentrum der geballten öffentlichen Aufmerksamkeit stehen. Viel spricht allerdings dafür, dass für die politischen Entwicklungen der Zukunft die steirischen Landtagswahlen von größerer Bedeutung sein werden.

Was soll in Wien schon groß passieren? Michael Häupls SPÖ wird verlieren, aber nicht abstürzen, das wird schon die finanziell gut geölte Kampagnenmaschinerie verhindern; die FPÖ wird über beachtliche Zugewinne jubeln, doch am Ende wird die ÖVP dafür sorgen, dass für die Rathaus-SPÖ nicht alles, aber vieles beim Alten bleibt.

In der Steiermark dagegen geht es im Herbst tatsächlich um die Macht im Land - und das letzte Wort dabei könnte den Blauen zufallen.

Verdrängt Schwarz mit Hilfe von Blau einen roten Landeshauptmann aus der Grazer Burg, wird das kaum ohne Folgen für die Stimmung in der großen Koalition bleiben. Schwarz-Blau im Bund wäre ab sofort wieder als Schreckgespenst in aller Munde und Medien.

Umgekehrt ist SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves nicht gewillt, die (eigentlich schwarz-blau konditionierte) Landes-FPÖ kampflos der ÖVP als Koalitionspartner zu überlassen. Er wird sich daher bei Bedarf auch von den verfemten Blauen wiederwählen lassen. Voves selbst lässt daran übrigens wenig Zweifel. In diesem Fall würde er Kanzler Werner Faymann, der das Mantra des "Niemals mit der FPÖ" vor sich her trägt, in arge Nöte stürzen.

An baldige Neuwahlen glauben dennoch nur Verschwörungstheoretiker. Warum sollten SPÖ und ÖVP zum besten Wahlhelfer Straches mutieren? Das waren beide schließlich oft genug. Aber man sollte sich keinem Wunschdenken hingeben: Die FPÖ ist wieder zum realen Faktor im Machtdenken von Rot und Schwarz geworden.