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Die Frage zur Woche

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Konservative haben es ja immer schon befürchtet: den Umstand, dass es Fortschritt in menschlichen Belangen nicht wirklich gibt. Das ist einerseits schade, weil jeder Anstrengung in diese Richtung die Melancholie der Vergeblichkeit anhängt; andererseits kann die Gewissheit, dass es früher nicht besser war, auch Trost spenden in trister Gegenwart.

So gesehen relativieren sich all die Klagen über das Niveau der hiesigen politischen Auseinandersetzungen. Wer weiß, dass wahlkämpfende Parteien einander zu allen Zeiten wechselseitig fast alles zutrauten, kann unmöglich davon überrascht sein, dass dies auch 2018 noch immer so ist.

So gesehen liegt es nach einer Woche erhitzter AUVA-Diskussionen auf der Hand, dass, wer eine Strukturreform selbstverwalteter Spitalsträger andenkt, selbstverständlich willentlich den Tod von Patienten in Kauf nimmt. Und Menschen tötet nach dieser Logik selbstredend auch, wer die Fortführung eines nur partiellen statt absoluten Rauchverbots samt gleichzeitigen Verbesserungen beim Jugendschutz anstrebt.

(Aus unerfindlichen Gründen scheinen insbesondere die Vertreter von Gesundheitsberufen wenig Hemmungen zu haben, ihren Schutzbefohlenen letale Konsequenzen in Aussicht zu stellen, wenn die politisch Verantwortlichen nicht stante pede umsetzen, was von diesen eingefordert wird. Über die Moral dieser Attitüde sollte einmal gesondert diskutiert werden.)

Aber gelehrige Schüler kann man schwerlich für ihre Aufnahmefähigkeit kritisieren, das Lob gebührt den Lehrern. Und derer gibt es genügend auf der nach unten offenen Niveauskala in der Kunst der politischen Herabwürdigung, und dabei stehen ausnahmsweise nicht die diesbezüglich allzeit bereite FPÖ und die Hassforen der Sozialen Medien ganz oben auf der Liste der Verdächtigen. Wer nämlich weiß, was die politischen Altvorderen einander der vergangenen Jahrzehnte an Niederträchtigkeiten an den Kopf geworfen haben, könnte vermutlich der heutigen Debattenkultur noch positive Seiten abgewinnen.

Bleibt die Frage, ob die Meister der rhetorischen Eskalation auch selbst glauben, was sie in die Öffentlichkeit hinausplärren, oder ob sie vielleicht nur deshalb maßlos überzeichnen, weil sie glauben, ansonsten gar keine Aufmerksamkeit für ihre Anliegen zu erhalten. Ersteres spräche gegen die Intelligenz, Letzteres gegen die Moral der betroffenen Lautsprecher, und man weiß beim besten Willen nicht, welche Variante man sich als Bürger wünschen soll.

Bleibt als letzte Hoffnung, dass die Bürger diese maßlosen Brandreden nicht mehr ernstnehmen. Skepsis gegen Autoritäten ist nämlich ebenfalls eine menschliche Konstante - und nicht die schlechteste.