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Die Frauen wollen die Universitäten erobern

Von Stefan Beig

Wissen

Frauen in Spitzenpositionen unterrepräsentiert. | Winckler: Die Universität muss auf Qualität achten. | Wien. "Frauen sind an Unis in Spitzenpositionen unterrepräsentiert." Mit dieser Feststellung sprach Georg Winckler, Rektor der Uni Wien, am Mittwoch bei der Festveranstaltung "Frauen leben Wissenschaft" wunde Punkte offen an. "Die Uni soll aktiv zu einem neuen Bewusstsein beitragen."


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Anlass des Festakts war ein dreifaches Jubiläum: Vor 110 Jahren wurden Frauen erstmals in Österreich zum Studium zugelassen, im selben Jahr wurde das Auslandsstudium einer Frau, Gabrielle Possanner von Ehrenthal, anerkannt, und vor 100 Jahren konnte sich Elise Richter als erste Frau in Wien habilitieren. Sie wurde erste Privatdozentin in Österreich und Deutschland.

Müssen Druck machen

"Schaut in die Zukunft, liebe Kolleginnen, und kämpft, damit wir die Uni erobern." Renée Schroeder, Molekularbiologin an der Uni Wien, wandte sich an die Frauen. "Wir müssen Druck machen. Frauen brauchen andere Rahmenbedingungen. Viele Spielregeln sind nicht frauengerecht, sondern von Männern für Männer geschaffen." In den letzten 110 Jahren habe sich einiges getan, aber der Fortschritt gehe zu langsam.

Derzeit sind 14,7 Prozent aller heimischen Universitätsprofessoren Frauen. Damit liegt Österreich in der EU im Mittelfeld, etwas vor Deutschland. Besonders hohe Anteile haben skandinavische und südliche Länder, wie Portugal und die Türkei. Der Frauenanteil beträgt in Portugal an allen Fakultäten, außer der technischen, über 20 Prozent. "In den südlichen Ländern haben Universitätsprofessoren keinen sehr guten sozialen Status", erklärt Roberta Schaller-Steidl vom Referat für Frauenförderung im Wissenschaftsministerium gegenüber der "Wiener Zeitung".

Den höchsten Frauenanteil in Österreich haben die Kunstunis, allen voran die Akademie der bildenden Künste mit 44 Prozent. Mit 3,7 Prozent ist die TU Graz hingegen Schlusslicht.

In ganz Europa sind Frauen an technischen Fakultäten unterrepräsentiert. Nur die Schweiz und Türkei haben hier einen Frauenanteil von über zehn Prozent. "Ich würde nicht sagen, dass Männer das Technik-Gen haben und Frauen das Kunst-Gen", meint Susanne Hochreiter, Uni-Assistentin am Institut für Germanistik und Beauftragte für Gleichbehandlung an der philologisch-kulturwissenschaftlichen Fakultät. "Die Sozialisierung von Männern und Frauen ist nach wie vor unterschiedlich."

Die Vorstellungen, wie der Anteil unter Österreichs Professoren erhöht werden kann, sind divergent. Die Unis sind gesetzlich verpflichtet, bei gleicher Qualifikation Frauen vorzuziehen. "Das Problem ist, was man unter qualifiziert versteht. In Wirklichkeit gibt es sehr unterschiedliche Beurteilungen. Ob jemand gut in ein Team passt, ist etwa eine wichtige Frage", so Hochreiter. Man müsse Bewusstseinsarbeit unter Führungspersonen betreiben. Ähnlich Schaller-Steidl: "Personen und Institutionen müssen sich zur Frauenförderung bekennen. Das ist die einzig wirksame Maßnahme."

Rektor Winckler glaubt, dass weniger traditionelle Erfolgskriterien den Frauenanteil heben könnte. "Wegen der Karenzzeit weisen einige Frauen weniger Publikationen vor. Daher sollte man künftig nicht auf die Quantität, sondern Qualität der Publikationen achten."

Gegenüber Quoten hat er ein ambivalentes Verhältnis. "Es ist wichtig sich bewusst zu machen, welche Zahlenverhältnisse wir haben sollten. Quotenregelung auf Kosten der Qualität halte ich für schädlich. Es führt zu einer Stigmatisierung als Quoten-Person."

Hohe Exportrate

"Die Anstellungsbilanz an Österreichs Unis ist obszön. Die Exportrate ins Ausland aber beeindruckend", meinte Sabine Frühstück. Sie studierte in Wien Japanologie und lehrt heute an der University of California. In den USA profitieren Frauen vom "entpersonalisierten Evaluierungssystem". Während es in Österreich mehr "Freunderlwirtschaft" gebe, werden "meine Leistungen als Professorin in den USA von Personen kontrolliert, die mich persönlich überhaupt nicht kennen. Frauen bauen weniger leicht Netzwerke auf. Das schadet ihnen in Österreich." Eine internationale Evaluierung der Leistungen käme den Frauen hierzulande zugute.

Ausstellung "Frauen leben Wissenschaft" bis 13. Juli, Uni Wien.