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Die Front gegen den Markt

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Warum der irre Aufstieg der Marine Le Pen in Frankreich ganz Europa in gröbere Schwierigkeiten bringen könnte.


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Die Vorstellung, dass 2020 der österreichische Bundeskanzler H.C. Strache (FPÖ) in Paris von der französischen Staatspräsidentin Le Pen (Front National) zu einem Staatsbesuch empfangen wird, war noch vor einigen Jahren ein Stück eher abwegiger Political Fiction. Doch von Wahlgang zu Wahlgang steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese eigentümliche Fiktion Wirklichkeit werden könnte. So wie die FPÖ in Österreich bundesweit in den demoskopischen Befunden stärkste Kraft geworden ist, könnte deren französische Schwesterpartei schon bald ebenfalls zur Nummer eins aufsteigen. Das besorgt viele auch außerhalb Frankreichs, weil Marine Le Pen und ihre Front National als "rechtsextrem" gelten. Doch dem liegt ein fundamentales Missverständnis zu Grunde. Denn gewonnen hat Frau Le Pen die letzten Wahlgänge nicht nur dank Frau Merkels Migrationspolitik, sondern vor allem auch mit Forderungen nach Einfuhrzöllen zum Schutz der französischen Wirtschaft, einer teilweisen Verstaatlichung der Gewinne von Unternehmen, einer Senkung des Rentenalters auf 60, einer Erhöhung der Mindestlöhne um mehrere hundert Euro, einer weiteren Finanzierung der staatlichen Defizite auf Pump, notfalls gar durch das Drucken von Geld durch die französische Notenbank, die aus dem Euro-System ausscheiden soll. Banken sollen verstaatlicht werden, der Staat soll die Preise von Gütern und Dienstleistungen kontrollieren wie einst in der DDR. Ein System der Planwirtschaft soll nach den Vorstellungen der Front National an die Stelle des freien Marktes treten, Globalisierung und Wettbewerb sollen an den französischen Staatsgrenzen abgewehrt werden. Das liest sich freilich eher wie das Parteiprogramm einer weit linksaußen angesiedelten politischen Plattform und gleicht aufs Haar jenen Konzepten, mit denen der sozialistische Populist Hugo Chávez und seine Erben es geschafft haben, den Ölstaat Venezuela komplett und nachhaltig zu versenken und die Bevölkerung verarmen zu lassen. Ein Triumph von Madame Le Pen wäre daher eine wirkliche Katastrophe - aber nicht primär, weil sie so weit rechts steht, sondern vor allem, weil ihr linksextremes Wirtschaftskonzept Frankreich, das selbst nach Aussage eines ehemaligen sozialistischen Regierungsmitgliedes "pleite ist", als zweitwichtigste Volkwirtschaft Europas endgültig ruinieren würde. Und zwar nicht innerhalb einer Legislaturperiode, sondern eher einiger Monate. Eine Katastrophe wäre das freilich unter den Bedingungen der ökomischen und politischen Verflechtungen innerhalb der EU auch für Deutschland und Österreich. Denn wenn die französische Volkwirtschaft gegen die Wand kracht, wird die einstige Grande Nation ein ähnliches Schicksal erleiden wie Griechenland. Die Märkte werden dem Land schlicht und einfach kein Geld mehr borgen wollen, was eine Rückkehr der Euro-Krise mit äußerster Wucht zur Folge hätte. Und ob Deutschland, ohnehin mit den Folgen der massenhaften Zuwanderung erheblich angespannt, es schaffen kann und schaffen will, für Frankreich dann ein Mega-Rettungspaket nach griechischem Vorbild zu schultern, kann getrost bezweifelt werden. Marine Le Pens atemberaubender Aufstieg ist ausschließlich dem völligen Versagen der politischen Eliten, nicht nur in Paris, geschuldet. Seine Konsequenzen werden wohl früher oder später erheblichen Schaden in ganz Europa anrichten.