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Die Funktion des Hohen Beauftragten für die GASP (angesiedelt im Rat) wurde 1999 durch den EU-Vertrag von Amsterdam geschaffen und galt als Riesenfortschritt. Mit dem Spanier Javier Solana (60), einst Physik-Professor, Kultur- Bildungs- und Außenminister, NATO-Gegner und dann selbst NATO-Generalsekretär, schien man eine ideale Besetzung gefunden zu haben. Nun soll das Amt mit jenem des Außenkommissars fusioniert werden.
Doch die neue EU-Verfassung wird frühestens 2006 gelten; bereits 2004 steht aber die Neubesetzung der Kommission an und läuft Solanas Vertrag als "Hoher Beauftragter" aus. Wird seine Amtszeit in Brüssel verlängert, könnte er nur mehr als Auslaufmodell dienen und müsste später dem Außenminister weichen. Aus menschlichen Gründen - wiewohl Menschlichkeit keine politische Kategorie ist - ist diese Option unwahrscheinlich. Denkbar ist, dass der designierte Außenminister Ende 2004 die Nachfolge Solanas im Rat antritt und 2006 auch den Außenkommissar beerbt.
Auch hier stellt sich allerdings ein Problem von politischer Opportunität: Der neue Außenkommissar müsste seine Position, für die er an sich für fünf Jahre bestellt wird, vorzeitig räumen. Anbieten würde sich daher die Variante, dass nächstes Jahr bereits die Kommission "im Geiste der neuen EU-Verfassung" besetzt wird, auch wenn der Text noch nicht in Kraft ist. So könnte gleichzeitig der neue Außenminister installiert werden.
"Der Spiegel" lancierte einmal mehr eine - unbestätigte - Meldung, wonach Solana seine Amtszeit verlängern wolle. Kanzler Gerhard Schröder habe Joschka Fischer die Kandidatur als Außenminister verbaut. Und Solana selbst wolle die Rolle von Johannes dem Täufer spielen, der die "Ankunft Jesu", des echten Außenministers, vorbereite.
Die Uni Oxford wartet
Wenn Chris Patten (59) aus der Kommission ausscheidet, wird er sich in Großbritannien zunächst wieder der Bildung widmen. Im März dieses Jahres wurde er zum neuen Kanzler (Präsidenten) der Elite-Universität Oxford gewählt. Er ist selbst Absolvent der altehrwürdigen Uni und lernte dort auch seine Frau Lavender kennen.
Bevor Patten 1999 das heikle Ressort Außenpolitik in der EU-Kommission übernahm, hatte er auf schwierigem diplomatischen Terrain zu leben gelernt. Von 1992 bis 1997 war er beauftragt, als letzter britischer Gouverneur die einstige Kronkolonie Hongkong an China zu übergeben.
In seiner europakritischen Konservativen Partei stand der unbequeme Patten immer ziemlich allein auf weiter Flur. Unter den Tories gilt der Pro-Europäer als Rebell. Er wird dem linksliberalen Flügel zugerechnet und war ein erklärter Gegner der "Eisernen Lady", Margaret Thatcher. Als Parteivorsitzender führte er die Konservativen mit ihrem Kandidaten John Major 1992 zu einem unerwarteten Sieg. Seinen Wahlkreis und damit den Unterhaussitz verlor Patten damals allerdings - worauf ihn die Tories nach Hongkong schickten. Nach seiner Amtszeit als Gouverneur galt er als möglicher - und populärer - Bürgermeisterkandidat in London bei den Wahlen 2000. Blair soll ihn deshalb auf den Außenkommissar-Posten nach Brüssel weggelobt haben. Nächstes Jahr dürfte Patten nach Großbritannien zurückkehren. Und er hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er das Premiersamt anstrebt.
Als Nachfolger Pattens, sollte der Außenkommissar nachbesetzt werden, wird im Übrigen Ex-Außenminister Robin Cook von der Labour-Partei gehandelt. Auf diesem Posten könnte dieser sich wieder einer "moralischen Außenpolitik" widmen; damit war er ursprünglich in London angetreten, aber unter Tony Blair gescheitert.