Ein mündliches Rechtsgeschäft kostet nichts. | Umgehung durch eine Anbotslegung ist möglich. | Wien. Es gibt einen Trick, wie man Vertragsgebühren umgehen kann: Man unterschreibt den Vertrag einfach nicht, sondern nimmt diesen konkludent, das heißt ohne ausdrückliche Willensäußerung, an. Denn erst die Unterschrift löst Gebührenpflicht aus. Wie schaut die konkludente Annahme in der Praxis aus?
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Beispielsweise schreibt eine Bank oder ein Vermieter ein Vertragsanbot und sendet dieses via Post oder per E-Mail seinem Vertragspartner zu. Darin wird jeder Vertragspunkt ausgeführt, so als handle es sich um einen echten schriftlichen Vertrag.
Das Anbot wird dann zum Beispiel durch die Annahme der Wohnungsschlüssel oder die Bezahlung der ersten Rate vor der Kreditzuzählung angenommen. Keinesfalls darf das Vertragsanbot vom anderen Vertragspartner unterfertigt werden - dies würde die Gebühr auslösen.
Gebühr ist nicht mehr zeitgemäß
Die Rechtsgeschäftsgebühren stammen aus der Zeit, als Papier noch teuer war. Die Gebühren werden daher bis heute umgangssprachlich auch noch "Papierverbrauchssteuer" genannt. Obwohl Papier heutzutage wesentlich billiger und leichter zugänglich ist, wurden die Rechtsgeschäftsgebühren als wichtige Einnahmequelle des Staates beibehalten. Gebühren fallen unter anderen an für:
- Kredit- und Darlehensverträge in der Höhe von 0,8 Prozent des Kreditbetrages,
- Mietverträge in der Höhe von 1 Prozent der dreifachen Jahresmiete bei unbestimmter Vertragslaufzeit,
- Bürgschaftserklärung in der Höhe von 1 Prozent des verbürgten Betrages.
Grundsätzlich fällt die Vertragsgebühr nur bei Schriftlichkeit an. Mündliche Verträge sparen Papier und daher auch die Gebühr. Das Manko an mündlichen Verträgen ist allerdings die fehlende Rechtssicherheit.
Naturgemäß kann es nämlich bei mündlichen Verträgen zu Missverständnissen kommen. Nicht gebührenpflichtig ist allerdings die Videoaufzeichnung eines mündlich abgeschlossenen Vertrages zur Beweissicherung.
Weitere Möglichkeiten der Gebührenvermeidung ergeben sich beispielsweise dann, wenn ein Rechtsanwalt seinem Klienten über einen mündlich abgeschlossenen Vertrag berichtet. In diesem Fall handelt es sich ebenfalls um einen mündlichen Vertrag, welcher jedoch durch "Anwaltskorrespondenz" abgesichert wird.
Vorsicht bei befristeten Mietverträgen
Vorsicht ist bei befristeten Mietverträgen geboten. Die Befristung ist nur bei Schriftlichkeit mietrechtlich wirksam. Wie kann man dieser Gebührenfalle entgehen?
Der Vermieter lässt dem Mieter ein unbefristetes Mietvertragsanbot zukommen, wobei nach einer bestimmten Vertragsdauer der Mietzins innerhalb der gesetzlichen Bandbreite erhöht wird. Kommt es zur Mietzinserhöhung, kann der Mieter den Vertrag seinerseits kündigen.
Nicht nur handsignierte, sondern auch elektronisch signierte Verträge sind nach den Gebührenrichtlinien des Finanzministeriums gebührenpflichtig. Dabei reicht das Abtippen des Namens aus, es muss sich nicht um eine sichere elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz handeln. Wenn somit ein Vertrag oder auch nur ein Vertragsanbot via E-Mail an den anderen Vertragspartner übermittelt wird und der Empfänger sich - ebenfalls via E-Mail - damit einverstanden erklärt, fällt demnach eine Gebühr an.
Damit sollen E-Mail-Verträge verhindert werden. Die Rechtsansicht der Gebührenpflicht wird allerdings von vielen Experten bezweifelt, weil nur eine elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz eine Urkunde nach dem Gebührengesetz entstehen lässt. Einer Bekämpfung im Rechtsmittelweg eines einfach signierten E-Mail-Vertrages wird daher gute Chancen eingeräumt.
Erich Wolf Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien. Tipp
Der Wirtschaftsbund Wien hält heute, Mittwoch, um 19 Uhr eine steuerrechtliche Informationsveranstaltung zu diesem und ähnlichen Themen ab.
Atelier Augarten,
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1020 Wien