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Die Geburt einer neuen Partei

Von Rainer Mayerhofer

Europaarchiv
Walter Veltroni (rechts) feiert seinen Sieg gemeinsam mit seinen Gegenkandidaten Rosy Bindi (links), Enrico Letta und mit Regierungschef Romano Prodi. Foto: ap/Cito

3,4 Millionen Italiener beteiligten sich am Sonntag an den Vorwahlen. | Linksdemokraten und Margherita fusionierten zu neuer "Demokratischer Partei". | Wien/Rom. Rund 3,4 Millionen italienischer Wähler entschieden am Sonntag, wer die neue aus der Vereinigung der Linksdemokraten und der Zentrumspartei Margherita hervorgegangene "Partito Democratico" (PD, Demokratische Partei) führen soll. Der römische Bürgermeister Walter Veltroni ging aus diesem Urnengang als klarer Sieger hervor. Für ihn stimmten mehr als 75 Prozent der Wähler. Etwa 14 Prozent entschieden sich für Familienministerin Rosy Bindi, rund 10 Prozent für Enrico Letta, den Kabinettssekretär im Amt von Ministerpräsident Romano Prodi. Die beiden weiteren Kandidaten Mario Adinolfi und Piergiorgio Gawronski blieben im Zehntelprozent-Bereich.


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Außer dem neuen Parteichef wurden am Sonntag auch die 2400 Mitglieder der konstituierenden Parteiversammlung gewählt, die am 27. Oktober von Premierminister Romano Prodi einberufen wird.

Der Andrang in den Wahllokalen war weit stärker als erwartet. Die Wahlbeteiligung lag über jener der Vorwahlen von 2005, in denen Romano Prodi als Kandidat der Mitte-Links-Parteien für die Parlamentswahlen gekürt wurde. In vielen Städten wurde der ursprünglich für 20 Uhr geplante Wahlschluss verlängert. An der Wahl konnten sich alle Italiener beteiligen, die das 16. Lebensjahr vollendet hatten, darüber hinaus auch Ausländer mit Aufenthaltsrecht in Italien. Wer wählte, musste einen symbolischen Parteibeitrag von einem Euro entrichten.

Auch Parteigegner wählten mit

Italienische Medien berichteten, dass in Rom auch ein Gemeinderat der postfaschistischen Alleanza Nazionale an den Vorwahlen der Demokratischen Partei teilgenommen habe. Die Wahl Veltronis und der Euro Mitgliedsbeitrag hätten ihn zwar geschmerzt, sagte Luca Malcotti, aber er habe seine Stimme für den Bürgermeister in der Hoffnung abgegeben, dass sich dieser als Parteichef von seinem Bürgermeisteramt verabschiede.

Ministerpräsident Romano Prodi, der das Ehrenamt des Präsidenten der neuen Partei übernehmen wird, zeigte sich über die rege Wahlbeteiligung sehr zufrieden. Er hatte mit etwa zwei Millionen Wählern gerechnet und war in seinem Lager vor zu großem Optimismus gewarnt worden.

Wahlsieger Walter Veltroni versicherte, dass die neue Partei keine Belastung für die amtierende Regierung sein werde. "Romano und ich waren unter jenen, die diese neue Partei erträumt und erhofft haben", sagte Veltroni. "Sinn dieser Partei ist es, die Reformen der Regierung zu unterstützen, die finanzielle Gesundung des Landes voranzutreiben, die Reichtümer zu verteilen, denn wir wollen, dass die Regierung bis zum Ende der Legislaturperiode durchhält." Veltroni versuchte damit Spekulationen den Wind aus den Segeln zu nehmen, er würde nach seinem Sieg zu einem gefährlichen Konkurrenten für den amtierenden Regierungschef werden.

In den Wochen vor der Wahl hatte sich Veltroni für eine Verkleinerung des Kabinetts ausgesprochen, was bei Prodi auf wenig Gegenliebe gestoßen war. Auch bezüglich der Wahlrechtsreform, über die Italien seit Monaten diskutiert, sind sich Prodi und Veltroni nicht einig. Prodi bevorzugt das deutsche Modell, Veltroni hat sich für das spanische System ausgesprochen.