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Die Gefahren der Inflation

Von Gregor Hochreiter

Analysen
Der Autor ist Volkswirt sowie Gründer und Vorstand des Instituts für Wertewirtschaft.

Mit 3,6 Prozent lag die veröffentlichte Inflationsrate im Dezember 2007 so hoch wie schon lange nicht mehr. Um so überraschender, dass der tatsächliche Grund für den sich beschleunigenden Kaufkraftverlust des Geldes in der öffentlichen Debatte keine Beachtung findet. Dafür zeichnet eine Begriffsumdeutung verantwortlich, die uns in den vergangenen Jahren sprachlos hat werden lassen.


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Seit den ersten geldtheoretischen Traktaten im Hoch- und Spätmittelalter verstand man unter dem Begriff "Inflation" den Anstieg der Geldmenge. Gemäß dem Gesetz von Angebot und Nachfrage reduziert ein höheres Geldangebot die Kaufkraft des Geldes. Je mehr Geld im Umlauf ist, desto weniger Güter erhält man für eine Geldeinheit, zum Beispiel einen Euro. Oder anders ausgedrückt: Die sinkende Kaufkraft des Geldes macht sich in einem steigenden Preisniveau bemerkbar.

Inflation und Teuerung

Folglich sollte die Veränderung des Verbraucherpreisindexes nicht mehr fälschlicherweise als "Inflation", sondern korrekterweise als "Teuerung" bezeichnet werden. "Inflation" benennt somit den Grund der Geldentwertung, wohingegen die "Teuerung" eine der Folgen der Inflation angibt.

Ein weiteres Problem ergibt sich aus dem Umstand, dass die "Teuerungsrate" nur einen kleinen Ausschnitt aller Preise abbildet. Der Großteil der Preise, wie Großhandelspreise und die Preise für Unternehmensbeteiligungen - die Aktien -, fließen in diesen Warenkorb erst gar nicht ein.

Dies ist deswegen von großer Bedeutung, weil durch die Inflationierung nicht alle Preise gleichmäßig steigen. Zunächst setzen die Großhandelspreise und die Aktienkurse zu einem inflationsgetriebenen Höhenflug an. Die im Warenkorb erfassten Konsumentenpreise ziehen hingegen erst mit einiger Verspätung nach und läuten die finale Phase der Inflationierung ein.

In welchen Regionen bewegt sich dann heute die Inflation, wenn wir darunter wieder die Ausweitung der Geldmenge, genaugenommen der ungedeckten Geldmenge, verstehen? Die von der Europäischen Zentralbank Monat für Monat berechnete Geldmenge M3 eignet sich am besten als Indikator. Mit einer sich seit Mitte des Jahres 2004 beschleunigenden Dynamik steigt M3 im Jahresvergleich mittlerweile um 12,6 Prozent.

Aus verschiedensten Gründen ist in naher Zukunft nicht mit einer Trend umkehr zu rechnen. Folglich wird sich in den kommenden Monaten und Jahren die Lage an der Preisfront weiter verschärfen. Die Teuerungsrate wird daher tendenziell nur eine Richtung kennen - nämlich nach oben.

Treue Weggefährten

Solange die inflationistische Geldpolitik weiter vorangetrieben wird, werden wir uns mit den unausweichlichen Folgen der Inflation abfinden müssen. Breite Wohlstandsverluste, eine zunehmende Einkommensungleichheit und die weitere Erosion der persönlichen Freiheit sind seit jeher die treuen Weggefährten der Inflation.

Erschwerend kommt unsere aktuelle Unfähigkeit hinzu, scharf zwischen dem Grund der Geldentwertung - Inflation - und der Folge für die Preise - Teuerung - zu unterscheiden. Ohne diese scharfe Unterscheidung wird die Suche nach den Gründen des fortgesetzten Anstiegs des Preisniveaus ins Leere laufen.

Wohin uns unsere sprachliche Blindheit dann unvermeidlich führen wird, zeigt ein Blick in die Geschichtsbücher, die uns eigentlich Mahnung genug sein sollten, den inflationistischen Pfad der gesellschaftlichen Selbstzerstörung nicht weiter zu verfolgen.