Zum Hauptinhalt springen

Die Gefahren der Knackigheit

Von Christina Böck

Kommentare

Ein knackiger Einstieg in einen Artikel ist des Journalisten Wonne. René Pfister vom "Spiegel" ist das zum Verhängnis geworden. Er hat sein Porträt über Horst Seehofer mit einer menschelnden Passage über die Modelleisenbahnleidenschaft des deutschen Politikers begonnen. Problem nur: Die Modelleisenbahn hat der Autor nie gesehen. Das hat ihm die Aberkennung des bereits an ihn verliehenen Henri-Nannen-Preises für die beste Reportage eingebrockt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Aufgabe eines Journalisten ist es nicht, so zu tun, als ob. Aber etwas kleinlich wirkt die Entscheidung schon. Zumal der Autor weder behauptet, dort gewesen zu sein, noch falsche Fakten geliefert hat. Vielleicht wollte die Jury aber einfach justament dem Mangel an Authentizität im Journalismus Einhalt gebieten. Eine der neueren Unarten sind da sogenannte generische Interviews. Wer sich schon einmal gewundert hat, warum etwa Gespräche mit richtig arg berühmten Schauspielern immer ähnlich klingen, das ist der Grund: Die Filmproduktionsfirmen machen diese Interviews selbst und geben sie an die Presse. Damit es nur ja nicht zu, wenn schon nicht unangenehmen, so doch substanziellen Fragen kommt. Vielleicht gefällt die Idee Politikern auch.

Aber Journalismus bewegt die Menschen nicht, wenn

er gleichgeschaltet ist. Er braucht Farbe, ob die jetzt aus erster oder zweiter Hand ist, ist sein geringstes Problem.