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Die Geister, die sie riefen - der heikle Rückzug aus Krediten in Franken & Co.

Von Stefan Melichar

Analysen

Man borge sich 125.000 Euro von der Bank und wette darauf, dass sich der Wechselkurs zweier Währungen optimal entwickelt, gleichzeitig das Zinsniveau in zwei Währungsräumen nicht in die falsche Richtung geht und bestimmte Aktien und andere Anlageformen florieren. Je höher der Gewinn aus dieser Dreifachlotterie, desto weniger muss man zurückzahlen, je höher der Verlust, desto mehr.


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Was sich anhört wie eine Bedienungsanleitung für abgebrühte Wall-Street-Zocker, ist in Wahrheit die Kurzzusammenfassung des durchschnittlichen Fremdwährungskredits eines heimischen Häuslbauers. Laut Oesterreichischer Nationalbank (OeNB) halten Privathaushalte derzeit Fremdwährungskredite im Ausmaß von 38 Milliarden Euro - fast einem Drittel aller Privatkredite. 28 Milliarden Euro davon sind endfällige Kredite mit sogenannten Tilgungsträgern. Bei diesen versucht der Schuldner, seine regelmäßigen Raten vor der Rückzahlung gewinnbringend anzulegen. Einen Teil der Tilgung soll - quasi wie von Zauberhand - der Kapitalmarkt erledigen.

Jetzt allerdings steht vielen Zauberlehrlingen das Wasser bis zum Hals: Die Finanzkrise hat riesige Löcher in manche Tilgungsträger gerissen. Insgesamt spricht die OeNB von 5 Milliarden Euro. Doch nicht nur deshalb war im vergangenen Herbst Feuer am Dach: Auch die Banken hatten wegen der Krise Schwierigkeiten; sie konnten das für die Abwicklung der besonders begehrten Schweizer-Franken-Kredite nötige Volumen an Franken kaum noch auftreiben.

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) zog bereits im Oktober die Reißleine und machte den Banken klar, dass sie keine neuen Fremdwährungskredite vergeben dürfen. Darüber hinaus reagierten die Institute in Panik mit Zwangskonvertierungen von Franken- in Euro-Kredite oder versuchten, diesbezüglich Druck auf die Kreditnehmer zu machen.

Mittlerweile läuft der geordnete Rückzug: Über den Sommer müssen die Banken eigene Richtlinien erarbeiten. Die Institute sollen die Geister, die sie riefen, nach und nach - in Selbstregulierung - loswerden. Klare Vorgabe der FMA: Der Fremdwährungskredit an Private darf kein standardisiertes Massenprodukt mehr sein. Ausnahmen sind aber denkbar - etwa wenn der Kreditnehmer über Vermögen oder Einkommen in Franken verfügt.

Laut OeNB will man bestehende Kredite nicht antasten, man darf also gespannt bleiben, wie der Franken-Zauber tatsächlich enden wird. Die Mehrheit dieser Kredite wird nämlich erst 2020 fällig. Es wird sich zeigen, wie viele Schuldner nicht doch noch als Gewinner aussteigen.