Bürgermeister Häupl sagte zum "Standard": "Der Lobau-Tunnel wird kommen." Die Entscheidung, ob er gebaut wird, liegt aber nicht beim Stadtchef, sondern beim Bundesverwaltungsgericht - und das ist mit der Prüfung noch nicht am Ende.
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Wien. Im November 2006 haben im Nationalpark Lobau die Probebohrungen für die Wiener Nordost-Umfahrung begonnen. Mehr als zehn Jahre später liegt die Realisierung des Lobau-Tunnels noch immer in der Ferne. Seit September des Vorjahres prüft das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in zweiter Instanz den positiven Umweltverträglichkeitsbescheid des Verkehrsministeriums für den geplanten 19 Kilometer langen S1-Abschnitt Schwechat bis Süßenbrunn.
Dass Bürgermeister Michael Häupl am Freitag gegenüber dem "Standard" sagte, dass "der Lobau-Tunnel kommt", ist wohl politisches Kalkül. Denn treffen kann er die Entscheidung nicht. "Die Angelegenheit liegt beim Bundesverwaltungsgericht und kann von den Verwaltungsbehörden nicht beeinflusst werden", sagt der Verwaltungsrechtsexperte Bernd-Christian Funk im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Die Aussage macht den Eindruck, als wäre sie etwas übereilt."
Auf Nachfrage heißt es aus dem Rathaus, dass der Tunnel kommen müsse, weil es keine Alternative gebe. "Dort ist jeden Tag Stau. Es ist der fehlende Teil des Autobahnrings von Wien und er ist ausfinanziert", so Häupls Sprecher, Martin Ritzmaier. Die Grünen hätten gesagt, dass sie 2016 Alternativvarianten vorlegen würden. "Haben sie aber nicht."
Vizebürgermeister Maria Vassilakou will das nicht auf sich sitzen lassen. Man erwarte die Experten-Ergebnisse zu den Alternativvarianten "sehr zeitnah". Das wisse auch die SPÖ, betonte Vassilakou, die sich nach wie vor gegen den Autobahntunnel durch den Nationalpark ausspricht. Sie erinnerte Häupl an das Regierungsübereinkommen, in dem vereinbart wurde, Alternativen zum Lobau-Tunnel zu prüfen.
Zahlreiche Gegner
Umweltorganisationen (Global 2000 oder das Forum Wissenschaft und Umwelt) und Bürgerinitiativen setzen sich seit Jahren gegen den Bau des Tunnels ein. Dass es bald zu einer positiven Umweltverträglichkeitsprüfung des BVwG kommt, glauben sie nicht. "Es hat in zweiter Instanz in vielen Fachbereichen eine Reihe von Beanstandungen gegeben", sagt Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation Virus. "Der Gutachter für das Grundwasser etwa musste ersetzt werden, weil der Anschein der Unbefangenheit nicht gegeben war." Sein Büro habe im Vorfeld Aufträge von der Asfinag erhalten. "Nun muss die Asfinag ein völlig neues Grundwassermodell rechnen, das zeigt, dass die Autobahn keine negativen Auswirkungen auf das Grundwasser hat", so Rehm.
Auch in Bezug auf den Lärmschutz wurde in zweiter Instanz ein neuer Sachverständiger bestellt. Bevor das BVwG zu einer Entscheidung kommt, will es zudem noch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Rechtswidrigkeit der Bundesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung abwarten. Mit der mündlichen Verhandlung rechnet Rehm daher frühestens im Herbst.
In erster Instanz fand die mündliche Verhandlung, an der drei Umweltorganisationen, vier Bürgerinitiativen, mehrere Nachbarn, einige niederösterreichische Gemeinden, die Stadt Wien, und die Asfinag teilnahmen, 2012 statt. Es folgte ein Wechselspiel von Gutachten und Gegengutachten bezüglich Lärmschutz, Luftschadstoffe, Verkehrszahlen, Grundwasserstände, Erdbebensicherheit und Brandschutz, das erst 2015 ein Ende fand. Dass die Umweltverträglichkeitsprüfung in erster Instanz durch das Verkehrsministerium überhaupt positiv ausgefallen ist, führt Rehm auf die Wien-Wahl 2015 zurück. "Man wollte endlich eine Entscheidung haben und Alois Stöger (der damalige Verkehrsminister, Anm.) hat Schützenhilfe geleistet", sagt er.
Asfinag will Bau 2018 starten
Bei der Asfinag zeigt man sich trotz der langen Verfahrensdauer und der kürzlich erfolgten negativen Entscheidung des BVwG zur dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat optimistisch. "Wir arbeiten noch immer auf den Baubeginn 2018 hin", sagt der Geschäftsführer, Alexander Walcher. Er geht davon aus, dass das BVwG noch heuer zu einer positiven Entscheidung kommt.
30 Millionen Euro hat die Asfinag in Summe bereits für die Planung des 1,9 Milliarden teuren Projekts ausgegeben. Bis März muss sie nun an das BVwG aktualisierte Daten zu den tausenden Gebäuden in der Invalidensiedlung nördlich von Essling liefern. Es geht darum, wer Anspruch auf Lärmschutz hat. Man sei im Plan, sagt Walcher.
Neben dem positiven Umweltverträglichkeitsbescheid benötigt die Asfinag auch wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligungen, die von den Landesverwaltungsbehörden erteilt werden. Walcher rechnet damit, dass diese noch im ersten Halbjahr 2017 erteilt werden. Berufen kann man aber auch gegen sie.