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Die Geschäfte des Herrn Julius Meinl

Von WZ Online

Wirtschaft
Meinl hinter Gittern...
© Meinl / WZ Online

Der Eigentümer und Aufsichtsratschef der Meinl Bank AG, Julius Meinl V. (49), befindet sich seit dem 2. April 2009 in Untersuchungshaft. Er steht unter dem Verdacht des Anlegerbetrugs, der Provisionsschinderei und der Untreue.


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Julius Meinl V ist seit 1987 direkt mit den Geschäften der Meinl Bank befasst.

Vorgeschichte: Julius Meinl II. gründet 1923 mit dem Spar- und Kreditverein der Freunde und Angestellten der Julius Meinl AG den Vorläufer der Meinl Bank

Julius Meinl V wird am 9. Juli 1959 in London geboren.

1979: Gründung der Meinl Bank durch Julius Meinl III.

1983: Julius Meinl V übernimmt die Leitung des Meinl-Imperiums

1987: Meinl V. tritt im März 1987 in den Vorstand der Meinl Bank ein.

1989 bis 1997: Die Meinl Bank unterzieht sich einer Neupositionierung: Rückzug aus dem Kreditgeschäft, Investmentbank- und Private Banking-Aktivitäten werden verstärkt, Bank will aktivere Rolle an den Börsen spielen

1994: Erste Kontakte mit Wolfgang Flöttl werden bekannt (Flöttl war AR-Vize der Julius Meinl KAG)

1997: Meinl European Land wird noch unter dem Namen "Central European Land Limited" gegründet, übernimmt ein Portfolio aus 60 Immobilien in Tschechien und Ungarn.

1999: Die Meinl Bank ist zum größten Private Equity Manager Österreichs mit einem Gesamtvolumen von 2 Mrd. S (145 Mio. Euro) avanciert.

2000: Meinl gibt den Lebensmitteleinzelhandel in Österreich endgültig auf. Nur das Flagschiff Meinl am Graben bleibt in Familienbesitz.

2002: September: Meinl V. übernimmt Vorstandsmandat in der Privatstiftung des Industriellen Thomas Prinzhorn.

21. November 2002: MEL kommt mit einer Kapitalerhöhung an die Börse, Erstausgabepreis der Zertifikate 11,10 Euro.

29. September 2003: MEL erhöht Grundkapital von 35 auf 50 Mio. Euro, Bezugspreis: 11,85 Euro je Aktie

15. Dezember 2003: MEL erhöht Grundkapital von 50 auf 65 Mio. Euro, mit dem Emissionserlöse von 35,5 Mio. Euro sollen weitere Immobilienprojekte in Osteuropa finanziert werden

12. Jänner 2004: MEL begibt eine 50-Mio.-Euro-Anleihe

14. April 2004: MEL erhöht Grundkapital zum dritten Mal, auf 85 Mio. Euro, Emissionserlöse: 48 Mio. Euro

25. Juni 2004: 4. Kapitalerhöhung, von 85 auf 120 Mio. Euro, Emissionserlöse: rund 84 Mio. Euro, Bezugspreis: 12,36 Euro je Aktie

27. September 2004: MEL steigt in Polen und Russland ein

22. Oktober 2004: 5. Kapitalerhöhung, um Nominale 60 auf 180 Mio. Euro, Preis: 12,39 Euro je Aktie, erste Schritte in Russland

2. Februar 2005: MEL kündigte 6. Kapitalerhöhung um Nominale 90 Mio. Euro auf 270 Mio. Euro an, Stückpreis von 13 Euro bringt rund 230 Mio. Euro frisches Geld.

22. März 2005: MEL schließt Mega-Kapitalerhöhung um 210 Mio. Euro auf 480 Mio. Euro ab. Stückpreis von 13,65 Euro spült 560 Mio. Euro in die Kassen

18. Mai 2005: MEL-Aktie kommt in den MSCI Austria-Index

August 2005: Legendärer Yacht-Ausflug im Mittelmeer, zu dem der Bankier unter anderem Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und den Spekulanten Wolfgang Flöttl geladen hatte.

5. Oktober 2005: MEL kündigt Kapitalerhöhung von 480 auf 600 Mio. Euro an, weitere rund 350 Mio. Euro frisches Geld. Bezugspreis: 14,70 Euro je Aktie

7. Dezember 2005: Erste-Bank-Aktienexperte sieht "bubble-artige" Elemente bei Wiener Immobilienwerten, Bewerbung als sicherer Geldanlage sei "bedenklich".

23. Jänner 2006: MEL-Aktien wechseln in den Fließhandel der Wiener Börse, weitere Kurssteigerungen.

27. Februar 2006: Grundkapital wird auf 900 Mio. Euro erhöht, Emissionserlös bringt rund 921 Mio. Euro, Platzierung vorzeitig geschlossen, wegen "starkem Interesse der Investoren".

28. Februar 2006: MEL begibt weitere 150 Mio. teileinbezahlt Aktien ("partly paid shares"), Anzahl erhöht sich auf 330 Mio. Stück

8. März: Meinl Bank kündigt Börsengang von Meinl Airports International (MAI) an.

17. Juli 2006: MEL legt Anleihenprogramm von bis zu 2 Mrd. Euro auf

18. Juli 2006: MEL-Aktie erhält Investment-Grade-Rating von Fitch

9. November: MEL mit nächster Kapitalerhöhung: Grundkapital wird von 901,5 auf 1.126,5 Mio. Euro erhöht. Emissionserlös: 774 Mio. Euro. Damit notieren 225 Mio. Aktien an der Wiener Börse, die Marktkapitalisierung beträgt knapp 4 Mrd. Euro.

30. November 2006: MAI-Börsegang wird auf Anfang 2007 verschoben. 200 Mio.-Euro-Anleihe wird begeben.

22. Jänner 2007: MEL startet bisher größte Kapitalerhöhung, die durch Ausgabe von 75 Mio. Aktien für je 19,70 Euro knapp 1,5 Mrd. Euro hereinbringt.

30. April 2007: Börsegang der Meinl Airports International (MAI): Emissionsvolumen wurde wegen hoher Nachfrage von 500 auf 700 Mio. Euro aufgestockt.

31. Juli 2007: Kursrutsch der MEL-Zertifikate von 19 auf 16,3 Euro einen Tag vor der Erstnotiz von Meinl Power (MIP), in deren Management Ex-Verbund-Chef Hans Haider und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser sitzen. Gesellschaft bezeichnet dies als eine "Kurskorrektur im Einklang mit andern Immo-Titeln" in der sich abzeichnenden US-Immokredit-Krise.

1. August 2007: Börse-Start der MIP: Das Going-public bringt 750 Mio. Euro herein.

23. August 2007: Massive Wertpapier-Rückkäufe der MEL werden nachträglich bekannt, Analysten kürzen die Kursziele.

24. August 2007: MEL-Sprechers Francis Lustig tritt zurück: seine Aussagen sollen jetzt zum Haftbefehl gegen Julius Meinl V. beigetragen haben -, neuer Sprecher wird der Investor Rupert-Heinrich Staller.

27. August 2007: Die Finanzmarktaufsicht (FMA) leitet eine Prüfung wegen möglicher Marktmanipulation und Insiderhandel ein.

29. August 2007: Julius Meinl V. verspricht in einer seiner seltenen Pressekonferenzen Besserung: "Jetzt wird alles anders". MEL gibt bekannt, dass die Rückkäufe noch höher als vermutet ausgefallen sind, verspricht mehr Transparenz.

30. August 2007: Aufregung um teileinbezahlte Aktien ("Partly Paid Shares" - PPS) abseits der Börse. Die Investoren werden verheimlicht.

2. September 2007: Ex-Sprecher Lustig distanziert sich von Rückkäufen im Gesamtvolumen von 1,8 Mrd. Euro.

5./6. September 2007: Die Ratingagenturen S&P und Fitch geben äußerst kritische Stellungnahmen zu den MEL-Zertifikaten ab.

12. September 2007: Die FMA-Prüfung wird auf die Meinl Bank ausgedehnt.

17. September 2007: Laut "profil"-Bericht hat die MEL zwischen Dezember 2005 und Jänner 2007 fast 10 Mrd. Euro "im Kreis geschickt", die FMA habe ungerührt zugesehen.

4. Oktober 2007: Meinl Bank holt sich wegen PR-Desaster den Journalisten und "Format"-Herausgeber Herbert Langsner als Mediensprecher.

8. Oktober 2007: FMA und Wiener Börse erklären im "profil", nicht Vorab über Rückkäufe von MEL-Zertifikaten informiert gewesen zu sein.

11. November 2007: MEL-Sprecher Staller geht.

21. November 2007: Der MEL-Vorstand erhält von der FMA einen Strafbescheid wegen "Irreführung".

23. November 2007: Die Wiener Börse kündigt den Prime-Market-Vertrag per 21. Dezember 2007 auf. MEL muss zurück in den Standard Market Continuous.

Jänner 2008: Erste Gerüchte um einen bevorstehenden MEL-Verkauf. Ein erster Anlauf scheitert. - Die OeNB stellt einen kritischen Prüfbericht fertig, hält ihn unter Verschluss. Darin wird beschrieben, dass MEL schon seit 2006 unverkäufliche Zertifikate (via "Somal") zwischenlagern ließ. - Julius Meinl wechselt in der Bank vom Vorstand an die Aufsichtsratsspitze. - Am 4. Jänner verstirbt im 78. Lebensjahr Julius Meinl IV., der Vater des Bankiers.

20. März 2008: MEL kappt Meinl-Wurzeln: Der Einstieg neuer Investoren, des US-Citibank-Immobilienfonds Citi Property Investors (CPI) und der in Tel Aviv börsenotierte Immobilieninvestor Gazit-Globe Limited, wird paktiert. Die neuen MEL-Aktionäre sollen über eine hoch verzinste Wandelanleihe und eine Kapitalerhöhung einsteigen - die Rede ist von mehr als 30 Prozent.

24. April 2008: MEL kündigt für 2007 einen massiven Gewinnrückgang an.

24. Juni 2008: Die verkaufsentscheidende Hauptversammlung wird auf der Kanalinsel Jersey einberufen. Österreichische Kleinanleger sind entrüstet.

Juli 2008: In der neuen "trend"-Liste der Reichen und Superreichen in Österreich ist erneut weit vorn - auf Platz 12 - die Familie von Julius Meinl V. zu finden mit einem geschätzten Vermögen von 2 Mrd. Euro. Für 2007 erhielt die Familie 70 Mio. Euro Dividende von der Meinl Bank, geht aus dem HV-Protokoll hervor.

14. Juli 2008: In Jersey beginnt die dortige Finanzaufsicht zu ermitteln. Vorwurf: Beim Aktienrückkauf soll auch gegen Jersey-Recht verstoßen worden sein.

16. Juli 2008: Hauptversammlung. Beschlussplan: Auf der Kanalinsel wird der Verkauf besiegelt, ein neuer Name ("Atrium"), eine neue Führung beschlossen. Rechtlich wirksam ab Closing.

28. Juli 2008: "Aufstand" bei weiteren "Meinl"-HV's auf Jersey und in Wien: Putsch und Machtwechsel bei Meinl Airports, aber Meinl Power bei turbulenter Aktionärstagung in Wiener Stadthalle noch verteidigt: Neuauszählung drehte Ergebnis um.

1. August 2008: MEL ab sofort Atrium: Gazit übernimmt das Ruder. Neue Chefin: Rachel Lavine (CEO).

28. August 2008: "Format"-Bericht bezeichnet Julius Meinl V. als Drahtzieher hinter den MEL-Zertifikats-Rückkäufen.

28. Oktober 2008: Staatsanwaltschaft ermittelt laut Zeitung ("OÖN") wegen Betrugsverdachts und Untreue gegen Meinl. - Airports International (AI) kündigt Management-Vertrag und löst sich von Meinl.

14. November 2008: Aktionärs-Aufstand in der MIP: Chairman Hans Haider wird von außerordentlicher Hauptversammlung abgesetzt und muss gehen.

18. Februar 2009: Spektakuläre Hausdurchsuchungen an 13 Meinl-Standorten in Österreich und der Slowakei (u.a. in der Bank-Zentrale in Wien, der Privatvilla in Grinzing und Bratislava, wo teils die Buchhaltung abgewickelt wurde).

5. März 2009: OGH-Urteil wird bekannt: Aussagen in MEL-Werbeprospekten waren "irreführend".

6. März 2009: Meinl-Bank-Bilanzsumme ist 2008 durch die Turbulenzen um MEL, MAI und MIP um die Hälfte auf 820 Mio. Euro eingebrochen.

27. März 2009: Die früheren Meinl-Gesellschaften Airports International und Power International setzen für 21. und 22. April Sonder-Hauptversammlungen an, bei denen hunderte Mio. Euro Kapital an die Aktionäre zurückgeführt werden sollen. Noch heuer sollen AI und PI liquidiert werden, wird angekündigt.

1. April 2009: Um 21 Uhr Abend wird der Bankier in Wien verhaftet. Wegen seiner britischen Staatsbürgerschaft wird auch Fluchtgefahr gesehen.

2. April 2009: Am Nachmittag verhängt das Wiener Straflandesgericht die Untersuchungshaft über den Banker.