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Die Gesellschaft Jesu

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Kindes-Missbrauch in globalem Stil; Mafia-Kontakte, ebenso international; eitle Machtkämpfe zwischen Opus Dei und anderen Gemeinschaften; Pius-Brüder, die den Holocaust leugnen; eine Vielzahl von Gebetsgemeinschaften - die einen idealistisch, andere korrupt und fundamentalistisch. In Europa und den USA eine Stütze des Establishments, in Lateinamerika und Afrika lange Stütze für ekelhafte Militärjuntas, zuletzt oft letzte Zuflucht für die ärmsten der Welt.

Die katholische Kirche hat vieles gutzumachen, und vieles aufzuholen.

Der neue Papst, ein 76jähriger Jesuit, der sich Franziskus nennen wird, hat dies offenkundig vor - sonst hätte er sich diesen Namen nicht gewählt. Aus theologischer Sicht wird er wohl wenig bewegen, seine brüsk ablehnende Stellungnahme zur Gleichstellung homosexueller Paare aus dem Jahr 2010 wird heute wohl nicht anders sein.

Für die soziale Entwicklung wird er fortschrittlich sein, er kennt aus Argentinien die Auswüchse einen brutalen Kapitalismus - und hat sich auf die Seite der Armen gestellt.

Vom Blickbefund her ist er für die römische Kurie der Hecht im Karpfenteich. Jorge Mario Bergoglio ist Jesuit, und leitete den Orden in Argentinien viele Jahre. Jesuiten sind per defintionem weltgewandt, und mit einer gewisser Durchsetzungskraft ausgestattet. Jesuiten-Schüler können ein Lied davon singen. Und der Orden ist auch in weltlichen Ausformungen erfolgreich - er kann mit Geld umgehen.

Für die Kurie und vor allem deren ungeheuerlichen Machenschaften rund um die Vatikan-Bank ist das ein deutliches Signal. Ob der neue Papst die Bank schließt ist offen, aber sie wird wenigstens einer Aufsicht unterstellt, die den Namen verdient. Das bedeutet auch schmerzhafte Aufbereitung und Prozesse, die sich nicht aufs Jüngste Gericht beschränken.

Der 76jährige hat aber eine Achillesferse, die er - wenn er klug ist - rasch bedeckt: Seine Rolle als Leiter des Jesuitenordens in der Zeit der argentinischen Militärjunta. Während in Chile Ordensbrüder durchaus gegen die Junta operierten, zeichnete sich die katholische Kirche in Argentinien durch ausdrückliche Unterstützung aus. Was Herr Bergoglio in dieser Zeit gemacht hat, das sollte er der Welt bald kundtun. Sonst bekommt der schöne Name "Franziskus" bald unschöne Kratzer.