)
Die Regionalwahl in Katalonien könnte wiederholt in einer Pattsituation enden. Das Wahlrecht bevorzugt die Separatisten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Barcelona/Wien. "Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!", soll König Pyrrhos I. von Epirus nach seinem Sieg über die Römer in der Schlacht bei Asculum in Süditalien 279 vor Christus einem Vertrauten gesagt haben. Und vielleicht raunen sich das einige Politiker in Katalonien auch dieser wieder Tage zu, angesichts des Kopf-an-Kopf-Rennens zwischen den Befürwortern und Gegnern einer Unabhängigkeit.
Denn es ist sehr gut möglich, dass die Regionalwahl in einem Sieg der keiner ist. Das Wahlrecht bevorzugt nämlich die Stimmen aus den kleinen Provinzen und wirkt sich somit günstig für die Unabhängigkeitsbewegung aus.
Die Stimme eines Wählers aus den Provinzen Tarragona, Lleida oder Girona zählt demnach 2,4 beziehungsweise jeweils 1,6 mal mehr als die eines Wählers in Barcelona. Braucht es etwa in Lleida nur 20.000 Stimmen für einen Sitz im Parlament, müssen in Barcelona 50.000 Stimmen dafür zusammenkommen. Diese Umverteilung führt immer wieder dazu, dass die Anzahl der gewählten Sitze in den drei kleinen Regionen künstlich erhöht wird - auf Kosten der Partei, die absolut gesehen die meisten Stimmen bekommt.
In der Vergangenheit erzielten konservative Parteien wie das damalige Parteienbündnis Convèrggenica i Unió (CiU) oder die separatistische Partei Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) heute in den drei kleineren Provinzen viel bessere Ergebnisse, als in Barcelona, wo Separatisten traditionell in der Unterzahl sind.
Auch Donnerstagnacht könnte sich laut Steven Forti ein Pyrrhussieg ereignen. "Die Unabhängigkeitsparteien könnten die meisten Sitze im katalanischen Parlament besetzen - ohne eine absolute Mehrheit bei den Wählerstimmen", sagt der Politologe der Autonomen Universität Barcelona.
Überproportional vertreten
Und das wäre nicht das erste Mal. 1999 und 2003 erhielt die Partit dels Socialistes de Catalunya (PSC) mehr Stimmen als das damalige Parteienbündnis CiU - aber weniger Sitze im Parlament. Auch bei den letzten Regionalwahlen im September 2015 erhielten die separatistischen Parteien nur 47,8 Prozent der Stimmen, aber 53 Prozent der Sitze im Parlament und damit 72 von 135 Sitzen. Die absolute Mehrheit von 68 Sitzen wurde so paradoxerweise erreicht.
Spannend ist also nicht nur, ob insgesamt die Befürworter oder Gegner der Autonomie eine Mehrheit erlangen, sondern auch, welche einzelne Partei die meisten Stimmen erhält. Laut den letzten Umfragen liegen die linksnationalistische Partei ERC im Lager der Separatisten vorne. Fast gleichauf mit den liberalen Ciudadanos, die eine Loslösung von Spanien ablehnen. Beide werden aber im Fall eines Wahlsiegs auf Koalitionspartner angewiesen sein.
Beobachter verfolgen insbesonders, welches Lager die traditionellen Nicht-Wähler für sich gewinnen kann. Lange Schlangen vor den Wahllokalen zeugten am Donnerstag von einer Rekordbeteiligung.