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"Die glauben, die Republik gehört ihnen"

Von Brigitte Pechar

Politik

Die Opposition ärgert sich über das Last-Minute-Budget.


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Wien. Die Opposition schäumt. Dass die Regierung ein Budget vorlegt, das in Wahrheit um fast eine Milliarde Euro von dem abweichen wird, was tatsächlich für heuer geplant ist, wollen Grüne, Neos und FPÖ nicht so einfach hinnehmen. Die Neos statuieren ein Exempel: Sie ziehen heute, Mittwoch, und am Donnerstag geschlossen aus dem Plenum aus und werden erst am Freitag bei der Schlussabstimmung des Budgets für 2014 und 2015 wieder anwesend sein. Die Zeit dazwischen werden sie wohl reichlich nützen, um noch einmal massiv EU-Wahlkampf zu machen.

Schon am Dienstag Abend versuchte die Opposition geschlossen die Budgetdebatte abzuwenden. Das Vorhaben scheiterte aber an den Regierungsfraktionen SPÖ und ÖVP. "Wir verlangen, dass die Budgetberatungen zurück an den Start gehen, dass in den Ausschüssen beraten wird und die Budgetdebatte erst später erfolgt", sagt Neos-Parteichef Matthias Strolz zur "Wiener Zeitung". Über die Einsparungen von 57 Millionen Euro im Unterrichtsressort sei wochenlang gestritten worden, aber fast eine Milliarde Euro werde am Parlament vorbei einfach so dekretiert. "SPÖ und ÖVP sind in einer Mehrparteiendemokratie noch nicht angekommen. Die glauben, die Republik gehört ihnen und sie können die parlamentarischen Prozesse biegen, wie sie wollen", sagt Strolz.

Protest "on tour"

Die Regierung habe seit 5. Mai (Treffen der EU-Finanzminister) gewusst, dass sie beim Budget Nachbesserungen vorlegen muss. "Aber SPÖ und ÖVP lassen 183 Abgeordnete antreten und das Budget verhandeln auf Basis falscher Zahlen. Das ist eine Verhöhnung des Parlaments", erklärt Strolz den Grund dafür, dass die neun Neos-Abgeordneten an zwei Tagen anstatt im Plenum zu sitzen in die Landeshauptstädte fahren und dort mit den Bürgern das Budget diskutieren. Er selbst werde Salzburg übernehmen.

An sich sei das Budget bisher kein Thema im EU-Wahlkampf gewesen. Durch die Nachbesserungen, die Finanzminister Michael Spindelegger in einem Brief nach Brüssel gemeldet hatte, sei das Thema aber in den letzten Tagen vor der Wahl aufgeflammt, sagt Politikberater Thomas Hofer zur "Wiener Zeitung".

Die Neos könnten das jetzt nützen, um "einige Böcke, die sie im Wahlkampf geschossen haben", wieder auszubügeln. Geäußerte Privatisierungsgelüste setzen den Pinken derzeit zu.

Zwar würden sich die Neos mit dieser Aktion ein wenig auf die Spuren von "Europa anders"-Spitzenkandidat Ehrenhauser begeben, aber sie lieferten damit "etwas Frisches" im Endspurt. Hofer rechnet damit, dass Strolz mit seiner Rede vor dem Auszug aus dem Plenum die Neos wieder in Vorlage bringen kann. Insgesamt, so Hofer sei die Nachbesserung im Budget "ein aufgelegter Elfer für die Opposition".

Einen Teil des Budgets haben die Abgeordneten schon am Dienstag im Nationalratsplenum abgehandelt. Das Budgetbegleitgesetz und die Reparatur der Grunderwerbssteuer sind beschlossen. Für Ersteres stimmte nur die Koalition, für Letzteres alle Fraktionen außer den Grünen.

Weniger für Wohnbau

Das Budgetbegleitgesetz, eine Sammlung unterschiedlichster Materien, die mit dem Haushalt im Zusammenhang stehen, soll dazu dienen, das Defizit im Bundeshaushalt von 2014 bis 2018 um insgesamt gut 552 Millionen Euro zu vermindern. Gespart wird etwa beim Zweckzuschuss des Bundes an die Länder zur Finanzierung der Wohnbauförderung, bei der besonderen Presseförderung sowie bei den Parteiakademien. Einen großen Brocken macht auch die Auflösung des Krankenkassen-Strukturfonds aus. Mehr Geld gibt es zur Unterstützung älterer Arbeitsloser.

Zusätzliche Mittel gibt es auch für Bundesmuseen und Bundestheater. Erhöht wird ferner der Studienbeihilfe-Zuschlag für Eltern betreuungspflichtiger Kinder. Die Reform der Grunderwerbssteuer war vom Verfassungsgerichtshof vorgegeben worden. Die nun gefundene Lösung sieht so aus, dass bei der Steuerbemessungsgrundlage nicht mehr zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Übertragungen von Grundstücken bzw. Immobilien unterschieden wird, sondern auf den Familienbegriff abgestellt wird. So soll die Grunderwerbsteuer bei der Weitergabe von Grundstücken im engen Familienkreis künftig in jedem Fall vom dreifachen Einheitswert berechnet werden, egal ob das Grundstück verkauft, vererbt oder verschenkt wird. Außerhalb des Familienkreises wird der (deutlich höhere) Verkehrswert herangezogen.

Der begünstigte Steuersatz von zwei Prozent für Familien bleibt bestehen. Profitieren können Ehepartner, eingetragene Partner, neuerdings auch Lebensgefährten, die im selben Haushalt leben, Eltern, Kinder, Enkel und Schwiegerkinder.