Die Bedingungen für Unternehmerinnen sind in vielen Ländern alles andere als optimal. Die Ursachen dafür sind komplex.
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Wien. In welchen Staaten ist das Klima für Frauen, die ein Unternehmen gründen, besonders gut und in welchen besonders schlecht? Diese Frage beantwortet der aktuelle Gender Global Entrepreneurship and Development Index (Gedi), der heuer im Auftrag des US-Technologieunternehmens Dell zum zweiten Mal erhoben wurde. Der Gedi-Index berücksichtigt sowohl die individuellen Bestrebungen der Frauen als auch ihr ökonomisches Umfeld.
"Gedi bietet zentrale Erkenntnisse, die den Ländern dabei helfen können, Unternehmerinnen und damit die weltweite Wirtschaft zu fördern", sagt Doris Albiez, General Manager von Dell Deutschland. "Wir sind davon überzeugt, dass man zuerst die gegenwärtigen Bedingungen kennen muss, um notwendige Veränderungen herbeizuführen."
USA und Australienliegen an der Spitze
Die diesjährige Untersuchung wurde von 17 auf 30 Industrie- und Entwicklungsländer ausgeweitet. Neben Schweden, Deutschland, Polen, Spanien, Frankreich und Großbritannien, wurde auch die Situation in Lateinamerika (unter anderem in Mexiko und Chile), den USA, Afrika (darunter Nigeria, Ghana und Südafrika), sowie die Lage für Frauen in Russland, Japan, China, und Australien untersucht.
"Durch die Ausweitung auf 30 Länder ist die Studie nun tatsächlich global und repräsentativ. Das soll zu einer tiefergehenden Analyse der Probleme beitragen, mit denen Unternehmerinnen weltweit konfrontiert sind", erklärt Charlotte Deal, Director Women’s Initiatives bei Dell. Die Index-Parameter wurden durch eine Expertengruppe aus Vertretern des US-Außenministeriums sowie globaler Organisationen wie der Weltbank erstellt. Der mögliche Maximalwert beträgt 100 Punkte.
Die Spitzen-Länder des Gedi 2014 sind allesamt OECD-Mitglieder mit hochentwickelter Wirtschaft. Die USA belegen mit 83 und Australien mit einem Wert von 80 Punkten dabei im zweiten Jahr in Folge die Spitzenplätze. Auf den weiteren Plätzen folgen Schweden (73), Frankreich und Deutschland (je 67), Chile (55), Großbritannien (54) und Polen (51). Die restlichen 22 untersuchten Länder erreichten einen Durchschnittswert von weniger als 50 Punkten. "Das zeigt, dass die Mehrheit der Staaten viele der grundlegendsten Bedingungen für ein erfolgreiches weibliches Unternehmertum noch nicht erfüllen", resümiert Deal. Während sich in Japan, Brasilien, Indien und Großbritannien die Bedingungen für Unternehmerinnen im Vergleich zu 2013 verbessert haben, hat sich die Situation in Malaysia, Ägypten, Mexiko und Marokko verschlechtert. Auffallend: Am besten schneiden jene Länder ab, die versuchen, die Bedingungen für Unternehmerinnen auf mehreren Gebieten gleichzeitig zu verbessern.
Typisch weibliche und männliche Berufe als Problem
Das fehlende ökonomische Teilhaben von Frauen hat meist mehrere Ursachen. Eine davon ist die mangelnde Gleichberechtigung: So haben in 22 der 30 untersuchten Länder Frauen weniger Rechte, in 21 Ländern weniger Zugang zu Beschäftigung und in acht Ländern weniger Eigentumsrechte als Männer.
Dazu fehlt Frauen in vielen Ländern der Zugang zu Kapital. In 14 der untersuchten Länder verfügt nicht einmal die Hälfte der Frauen über ein Bankkonto, weltweit erhalten Frauen außerdem weniger Fremdkapital für ihre Firmen als Männer.
Ein weiteres Problem sind stark segmentierte Arbeitsmärkte mit Berufen, die als typisch weiblich und typisch männlich gelten. "Das führt dazu, dass Frauen nur in bestimmten Branchen Firmen gründen, was Nachteile für die Innovationskraft eines Landes hat", so der Gedi-Report. "In Indien und Pakistan sind die regulären Arbeitsverhältnisse so stark von Geschlechtertrennung beherrscht, dass kein einziger Sektor ein ausgeglichenes Verhältnis aufweist."
Zudem fehlt es weltweit an ausreichend vielen Frauen in Führungspositionen. Nur in Jamaika, Ghana, Nigeria Panama und in den USA sind mindestens 40 Prozent der Manager weiblich. In Südkorea, Türkei, Japan und Pakistan sind es hingegen nur zehn Prozent oder weniger. "Management-Erfahrungen sind jedoch von großer Bedeutung, denn sie statten Frauen mit Fähigkeiten und Netzwerken aus, die sie für ein eigenes Unternehmen dringend benötigen", heißt es im Gedi-Report.
"Wir haben festgestellt, dass die Länder sehr viel voneinander lernen können", betont Charlotte Deal. "Das betrifft auch jene Länder mit der besten Performance wie die USA oder Schweden, bei denen es ebenfalls noch Spielraum gibt." So wagen in den USA und Europa weniger als ein Drittel der Frauen den Schritt in die Selbständigkeit. In Afrika tun das hingegen 69 Prozent der Frauen, obwohl der Zugang zu Bildung und Kapital für sie viel schwieriger ist. Derzeit kommen auf 100 von Männern gegründete Start-ups, in Afrika 86 und in Lateinamerika 84 von Frauen geründete Firmen.
"Obwohl es also Anlass für Optimismus gibt, zeigt sich doch überall, dass ein Wandel dringend nötig ist", resümiert Dell-Managerin Deal. "Unsere Studie soll dabei Inspiration und Handlungsanleitung für eine bessere Zukunft für weibliche Unternehmerinnen auf der ganzen Welt sein."