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Der slowakische Wirtschaftsminister Pavol Rusko hat in Brüssel eine empfindliche Niederlage erlitten. Anders als von ihm geplant, muss die Slowakei die beiden Reaktoren des Atomkraftwerks Jaslové Bohunice schon in den Jahren 2006 und 2008 abschalten.
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Der für Energiepolitik zuständigen EU-Kommissar Andris Piebalgs zeigte sich dieser Tage bei einem Treffen mit dem slowakischen Wirtschaftsminister unnachgiebig: Die Slowakei muss ihren Verpflichtungen aus dem Vertrag über den EU-Beitrag pünktlich nachkommen und erhält keinen weiteren Aufschub bis ins nächste Jahrzehnt.
Autarkie dahin
Der slowakische Wirtschaftsminister hatte sich noch vergangene Woche in Bratislava äußerst optimistisch gezeigt, dass er mit seinem Vorschlag durchkommen werde, die beiden Reaktoren erst in drei Jahren vom Netz zu nehmen. Dieser basierte offiziell auf Überlegungen zur Beförderung des Wirtschaftswachstums in der Slowakei. Einer schon im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie des Wirtschaftsministeriums zufolge kann die Slowakei den für die kommenden Jahre veranschlagten Energiebedarf nämlich angeblich bei Abschaltung eines Reaktors schon im nächsten Jahr nicht mehr vollständig aus eigener Kraft decken. Rückendeckung hatte Pavol Rusko außerdem von der staatlichen Kernkraftsaufsichtsbehörde bekommen, die die Aufrechterhaltung des Betriebs der beiden Reaktoren noch bis zum Jahr 2012 empfohlen hatte.
Tatsächlich dürften Unstimmigkeiten mit Enel das Motiv für Ruskos Visite in Brüssel gewesen sein. Der italienische Konzern hatte sich nämlich beim Kauf von 66 Prozent der Anteile an den Slowakischen Elektrizitätswerken (SE) zur rechtzeitigen Abschaltung der beiden Reaktoren verpflichten müssen. Rusko wiederum hatte nach Vertragsschluss durchblicken lassen, dass Enel in diesem Punkt de facto keine Entscheidungsfreiheit habe und nur in Kooperation mit weiteren, noch zu benennenden Investoren handeln dürfe. Gemeint waren damit einige Unternehmen, die erfolglos um den Zuschlag bei den SE geboten hatten, wie beispielsweise die tschechische CEZ.
Mitspracherecht
Damit hatte Rusko zugleich deutlich gemacht, dass er die Mitspracherechte aus der Minderheitsbeteiligung des slowakischen Staates in vollem Umfang ausnutzen werde. Indirekt gab er auch zu verstehen, dass er bis heute nicht allzu glücklich über den Ausgang des Bieterverfahrens um die SE ist. Allerdings, so ist aus der Energiebranche zu hören, tut sich der Minister nunmehr sehr schwer, weitere Investoren für die Abschaltung der beiden Reaktorblöcke zu gewinnen. Praktisch bedeutet das, dass er nicht sonderlich erfolgreich ist bei seinen Versuchen, Enels Engagement in der Slowakei indirekt entgegenzuwirken. Die Entscheidung der EU-Kommission in Brüssel, nach der dem Minister nun ausdrücklich die Hände gebunden sind, ist daher nicht nur zu begreifen als Mahnung zu echter Vertragstreue, sondern vor allem als klares Votum für Markttransparenz.