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Die Götter des Geldes

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

Wie in einer griechischen Tragödie gefällt es den Göttern des Geldes derzeit, die Menschen Europas zu prüfen. Man könnte sagen, dass sie ihren Scherz mit Griechenland treiben, wenn es nicht so verdammt teuer wäre.


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Für Banken ist die Debatte rund um die schwer verschuldeten Länder ein warmer Regen: Sie verdienen köstlich an den Euro-Dollar-Schwankungen sowie an den Zinsen für die Staatsschulden, auch an den Spesen für die Verkäufe solcher Wertpapiere - und an den Kreditausfallversicherungen.

Der Clou: Das Motiv für die verzweifelten Bemühungen der EZB, einen Schuldennachlass für das Land zu verhindern, ist es, neue Hilfsmaßnahmen für Banken zu vermeiden. Viele der derart Geschützten hintertreiben so den gewährten Schutz.

Nun meinte EZB-Direktor Lorenzo Smaghi, dass überschuldete Euro-Länder nicht den Märkten überlassen werden dürften. In der griechischen Tragödie wäre er demnach der Held, der sich gegen die Götter zur Wehr setzt. Die Regenten, sprich: Politiker, dagegen ziehen den Schwanz ein, sie scheinen sich der göttlichen Übermacht zu beugen.

Smaghi hat natürlich recht mit dem, was er sagt. Aber die sich daraus logisch ergebenden Maßnahmen finden nicht statt. Die Auflagen, die Griechenland zu erfüllen hat, sind schlicht und ergreifend unrealistisch - waren es schon von Beginn an. Wie soll ein dermaßen geschwächtes Land 2012 wieder in der Lage sein, für sich selbst zu sorgen? Um die Schuldenkrise in Europa zu überwinden, sind 15 bis 20 Jahre notwendig. In Griechenland ist das nicht anders. In so langen Zeiträumen denken die Götter des Geldes aber nicht, daher kommt die Idee, Griechenland von einem Teil der Last zu befreien - die Anleihen also zwischen 30 und 50 Prozent abzuschreiben.

Das ist eine Idee. Die andere Idee ist es allerdings, die Märkte zu zwingen, so lange zu warten. In den USA gibt es Dollar-Anleihen mit 30-jähriger Laufzeit: Die Menschen dort haben den Göttern des Geldes ein Schnippchen geschlagen. So lange müssen sie sich gedulden. Und sie tun es.

Es sollte also eine einzige EU-Institution für die Schulden aller Euro-Länder zuständig sein - und sehr lange laufende Anleihen verkaufen. Alle Euro-Länder benötigen viel Zeit, um ihre Schulden zu reduzieren, ohne die Bevölkerung über alle Maßen zu strapazieren und zu reizen. Die unsterblichen Götter können warten. Menschen nicht.