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Die Graustufen kommen zurück

Von Judith Belfkih

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"Integriert Euch!"-Rufer auf der einen Seite. Befürworter eines antiautoritären Individualismus auf der anderen. Mehr Positionen gab es in Sachen Migration und Integration zuletzt kaum. Um den heißen Brei herumeiernde Politiker ausgenommen. Das Resultat ist bekannt und gipfelte in der viel beschriebenen und beklagten Spaltung der Gesellschaft. Trauriger Höhepunkt war die Bundespräsidentenstichwahlwiederholung, die den beiden Lagern auch noch ein Gesicht gab. Islamophobie rechts der Mitte gegen naive Willkommensrufer - Differenzierung war da kaum. Und wer sich selbst nicht in eine dieser Ecken stellen wollte, wurde von anderen großzügig zugeteilt. Mitunter auch beiden Lagern gleichzeitig.

Aktuell lässt sich eine vorsichtige Freude über die Rückkehr der Schattierungen formulieren. Das Islam-Gesetz ist schon alleine durch seine Existenz ein Signal dafür, dass die Politik das Thema ernst nimmt und dabei ist, jenseits populistischer Parolen Verantwortung zu übernehmen. Auch wenn es noch zahlreiche Nachschärfungen und Justierungen geben wird: Die Debatte hat dadurch eine wesentlich sachlichere Ebene erreicht. Der aktuelle Streit über islamische Kindergärten wird wohl letztlich zu einheitlichen Qualitätsstandards für alle privaten Einrichtungen in der Kinderbetreuung führen - ein Gewinn für viele Familien. Die Uni Wien präsentierte nun das im Herbst startende Bachelor-Studium der Islamischen Theologie - auch ein Weg zu Differenzierung und Aufklärung.

Zwischen Schwarz und Weiß scheint wieder Platz frei zu werden für Graustufen. Und von denen ist es kein weiter Schritt mehr zur ganzen Farbpalette.