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Kommunisten einigen sich auf Budget mit Nagl. Auch Piraten könnten noch ins Boot geholt werden.
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Graz. "Es ist nicht zur Gänze unser Wunschprogramm", erklärte KPÖ-Stadträtin Elke Kahr am Dienstag Vormittag bei einer Pressekonferenz im Grazer Rathaus. Dennoch stimmten die Grazer Kommunisten nach Verhandlungen am Vorabend einem gemeinsamen Budget mit ÖVP und SPÖ einstimmig zu. Mit den Piraten, die ein Mandat im Gemeinderat halten, wurde am Dienstag noch verhandelt.
Bereits seit Monaten war Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) gemeinsam mit Vizebürgermeisterin Martina Schröck (SPÖ) verzweifelt auf der Suche nach einem Partner für das Doppelbudget 2015/16. Nachdem die FPÖ unter Mario Eustaccio die schwarz-rot-blaue Paktpartnerschaft aufgrund von budgetären Ungereimtheiten im Mai verlassen hatte, wurde es sehr eng für die schwarz-rote Allianz im Rathaus. Und so ging man mit einem Zuckerl in Form eines Öffi-Jahrestickets von 228 Euro in Gespräche mit den einzelnen Parteien. Doch so verführerisch dieses Offert für die Grazer Grünen auch gewesen sein mag, das Nein der Partei - geführt von Stadträtin Lisa Rücker - folgte bald und auch der FPÖ war bis heute kein klares Nein oder Ja zu entlocken.
Die Gespräche mit der KPÖ, der zweitstärksten Partei in der Landeshauptstadt, liefen von Beginn an gut, doch war stets klar, dass es vonseiten der Kommunisten keine Zugeständnisse geben würde. Eine Tatsache, die sich in dem von der KPÖ vorgestellten Programm sehr stark widerspiegelt. Allem Anschein nach dürften Nagl und Schröck mit mehr als einem Zuckerl in der Tasche in die Gespräche mit den Kommunisten gegangen sein, denn bei Punkten wie Kürzungen von Parteienförderungen oder Privatisierungsstopp lässt sich kaum noch eine ÖVP-Handschrift erkennen.
Weniger Parteienförderung
Genauer soll es laut Kahr ab 1. Jänner 2015 drei Prozent weniger an Parteienförderungen geben. Erst im Vorjahr war diese per schwarz-rot-blauem Beschluss um 50 Prozent angehoben worden. "Damit können wir zwar die vor einiger Zeit erfolgte Erhöhung von 1,5 auf 2,3 Millionen Euro bei Parteienförderungen nicht wieder runterfahren, aber immerhin", so Kahr. Auch bei den Werbe- und Repräsentationsausgaben soll in Zukunft gespart werden.
Jahreskarte um 228 Euro
Sehr "schnell abgehakt" war das Thema: günstiges Öffi-Jahresticket. Das Ticket um 228 Euro für alle Bürger mit Hauptwohnsitz in Graz steht. Zwar werden der Holding Graz damit jährlich 1,7 Millionen Euro verloren gehen, laut Berechnungen der ÖVP soll dies wiederum durch mehr gekaufte Jahrestickets ausgeglichen werden. Gerade der Bereich des öffentlichen Verkehrs stellt den größten Brocken im Budget dar, da es in den nächsten Jahren unter anderem auch zu einem Ausbau des Straßenbahnnetzes kommen soll.
Stadt will wieder selbst bauen
Für den Wohnbau sollen 2015 und 2016 insgesamt 20 Millionen Euro ausgegeben werden, zwölf Millionen davon sollen dabei für Grundstücksankäufe aufgewendet werden und so wieder einen "echten kommunalen Wohnbau" garantieren. Wie in Wien will man auch in Graz den Wohnungsbau in Zukunft nicht mehr zur Gänze in private Hände geben und wieder selbst bauen. Dabei sollen mindestens 500 neue Wohnungen entstehen. Daneben sollen neue Grünanlagen und Parks, vor allem in den einkommensschwachen Bezirken Gries, Lend und Jakomini angelegt werden.
Ebenfalls nach Wiener Vorbild ist die Forderung nach einer Nahversorgerabgabe, also einer Abgabe der Dienstgeber für ihre Dienstnehmer, ähnlich der Wiener "U-Bahnsteuer".
Gebührenstopp
Im Budgetplan finden sich auch zwei Uralt-Forderungen der Grazer KPÖ: So soll es zu keinen weiteren Privatisierungen bei öffentlichem Gut, aber auch bei keinen Beteiligungen kommen. Ebenso wird es in den nächsten zwei Jahren einen Gebührenstopp bei Kanal und Müll geben, da hier, laut Kahr, ohnehin noch Überschüsse vorhanden seien. Wenn gespart werde, dann nicht "linear mit dem Rasenmäher", so Kahr.
Auch im Kultur- und Sozialbereich soll es zu keinen weiteren Kürzungen kommen. Kahr regte aber an, darüber nachzudenken, ob tatsächlich jedes Festival auch in Zukunft jedes Jahr abzuhalten.
Schulden werden höher
"Es muss aber auch klar sein, dass mit diesem Doppelbudget der Schuldenstand leicht angehoben wird", wie Kahr klarstellte. Der Schuldenstand der Stadt Graz beläuft sich aktuell auf etwa 1,3 Milliarden Euro. Eine Obergrenze, die, laut Kahr, von "Anfang an völlig unrealistisch war". Genaueres zur neuen Zielsumme konnte man am Dienstag noch nicht sagen. "Große Ausgaben kann es nur geben, wenn es zu einer Umverteilung der Mittel kommt", so Kahr. Dabei seinen auch Bund und Land gefordert. "Die Stadt Graz ist ein kompletter Nettozahler, die Bedarfszuweisungen vom Land sind ein Witz", beklagt die Stadträtin. Auch die Budgets der Städte und Gemeinde seien "am Ende der Fahnenstange angelangt".
Für Nagl stellt das fertige Doppelbudget eine große Erleichterung dar. Wäre es zu keiner Einigung mit einer der Grazer Parteien gekommen, hätte der Bürgermeister in Neuwahlen gehen müssen. Nun steht dem 51-Jährigen weiterhin die Option offen, bei einem etwaigen Abtreten von Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer in dessen Fußstapfen zu treten.