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Um die Überwachung durch Organisationen, von denen die meisten den USA angehören, kommt man im Informationszeitalter nicht mehr herum.
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Auch während seines Deutschlandbesuchs verteidigte US-Präsident Barack Obama das Vorgehen der NSA und wieder einmal wird die nationale und internationale Sicherheit als Schutzschild gegen alle Spionagevorwürfe verwendet oder - wie Kritiker meinen - missbraucht.
Die Enthüllungen des "Whistleblowers" Edward Snowden kommen, was die Überwachung weltweiter Internetzugriffe angeht, eigentlich nicht völlig überraschend. Die Datenspeicherung - und somit auch die persönliche Überwachung - via Google, Facebook etc. - war vielen Usern ohnehin längst bekannt, die das Risiko gerne in Kauf nehmen. Um die Überwachung durch verschiedene Organisationen, von denen die meisten nun einmal der Weltmacht USA angehören, kommt man wohl in unserem Informationszeitalter nicht mehr herum. Doch Regierungen und Diplomaten sollten sich nach Wikileaks und dem Prism-Skandal der Grenzen internationaler Diplomatie bewusst werden.
Nicht jede Regierung verfügt über ausreichendes Know-how und weitreichende Kompetenzen, Diplomaten und Regierungsmitglieder anderer Staaten gezielt auszuspionieren. Sonst würden sie es vermutlich auch tun. Großbritannien, das aufgrund seiner scheinbar unwiderruflichen Loyalität als "Pudel" der USA bezeichnet wird, hat sich laut Aufdecker Snowden 2009 am G20-Gipfel als Meisterspion profiliert, indem die britische Abhörzentrale GCGQ angeblich E-Mails und Telefongespräche türkischer und südafrikanischer Vertreter überwachte.
Nun mögen diese Vorwürfe für die Europäische Union zwar von nachrangiger Bedeutung sein, gab es doch am G8-Gipfel wichtigere Themen zu debattieren. Immerhin waren es auch keine EU-Mitgliedsstaaten, die Großbritannien im Interesse der USA ausspioniert hat. Allmählich sollte man sich aber schon die Frage nach der Sinnhaftigkeit internationaler Organisationen und Institutionen stellen, wenn Staaten wie Großbritannien nach wie vor ihre nationalen Interessen vehement verfolgen beziehungsweise mittels dubioser Geheimdienstaktivitäten eigentlich dem Ansehen der EU aus internationaler Sicht mehr schaden als nützen.
Früher oder später spitzelt am Ende dann ein Mitgliedsstaat den anderen aus, und am Ende ordnen sich dann doch viele den Machtbestrebungen der einzigen, nämlich der amerikanischen Supermacht unter. Dieses Verhalten kann auch für die EU, die sich als solidarische Staatengemeinschaft sieht und präsentiert, schwerwiegende Konsequenzen haben, wenn es zum Beispiel um Beitrittsverhandlungen mit anderen Staaten oder die europäisch-russischen Beziehungen geht. Spätestens dann stößt nämlich auch die internationale Diplomatie, die sich um einen offenen Dialog der Staaten - etwa in Foren wie den Vereinten Nationen - bemühen sollte, an ihre Grenzen. Dann gaukelt jede Regierung im Rahmen internationaler Vereinbarungen Loyalität und Partnerschaft vor, obwohl sie eigentlich das Ziel verfolgt, den anderen zu übervorteilen. Wo macht es dann letzten Endes noch Sinn, von Werten wie "Gemeinschaftlichkeit" und "Solidarität" zu sprechen?