Zum Hauptinhalt springen

Die Grenzen der KI in der Finanzberatung

Von Rainer Bartusch

Gastkommentare
Rainer Bartusch arbeitet seit mehr als 30 Jahren als Berater im Bereich Private Banking bei der Ersten Bank in Wien und ist ehrenamtlich im Vorstand des Österreichischen Verbandes Financial Planners tätig. Dieser setzt sich österreichweit für hohe Standards in der Finanzberatung sowie für verbesserte Finanzbildung in der Bevölkerung ein.
© Daniel Hinterramskogler

Bankkunden müssen sich an Robo Advisors gewöhnen, doch die Psychologie schlägt der Künstlichen Intelligenz mitunter ein Schnippchen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Roboter mähen den Rasen, saugen den Boden und steuern Autos. Wenn viele Menschen bereit sind, einem Automatismus am Steuer ihr Leben anzuvertrauen, ist es doch naheliegend, das Sparschwein in die Hände eines Roboters zu geben - das dachten sich zumindest kreative Fintech-Unternehmen und mittlerweile auch etablierte Banken, die Systeme entwickeln, die mittels Künstlicher Intelligenz Geldgeschäfte managen. Während in Österreich der Markt für digitale Vermögensverwaltung von einem niedrigen Niveau aus stark wachsen soll, haben Robo Advisors in Märkten wie den USA oder China bereits große Volumina an betreuten Kundengeldern erreicht. 2018 wurden in Österreich rund 107 Millionen Euro von Robotern verwaltet, während es in den USA 241 Milliarden und in China 73 Milliarden waren. Bis 2025 soll sich die weltweit verwaltete Summe auf 2,5 Billionen Euro belaufen.

Heute wird digitale Vermögensverwaltung insbesondere bei kleineren Mandaten eingesetzt, wo alle Prozesse dem Standard entsprechen. Algorithmen können hier mittlerweile passgenau programmiert werden. Persönliche Beratungsgespräche sind eigentlich erst ab einem bestimmten Betrag möglich - und diese Tendenz wird sich durch die vermehrten Regularien in diesem Bereich noch verstärken. Das ist allerdings keine negative Entwicklung, da die meisten Robo-Programme grundsätzlich gut aufgesetzt sind. Wenn sich ein Einsteiger, beispielsweise ein Student, mit einigen tausend Euro an den Kapitalmärkten versuchen will, sind digitale Vermögensverwaltungen ideal. Denn sie müssen kostengünstig und flexibel sein und jederzeit zur Verfügung stehen. Was sich in der internationalen Finanzlandschaft bereits zeigt: Um die breite Masse an Kunden nicht zu verlieren, kann es sich kaum eine Bank noch leisten, auf einen digitalen Vermögensverwalter zu verzichten. Zwei der bekanntesten Lösungen hierzulande sind "George" bei der Ersten Bank und "Carl" beim Bankhaus Carl Spängler. Ich traue mich zu prognostizieren, dass das Standard-Privatkundengeschäft ab 2030 mehrheitlich digital abgewickelt werden wird.

In einigen Fällen wird automatisierte Geldanlage dem Berater aus Fleisch und Blut allerdings zumindest in naher Zukunft nicht das Wasser reichen können. Insbesondere bei emotionalen Themen, wie Finanzierungen und Immobilienkauf, gibt es einen enormen Rückkopplungsbedarf - Kunden möchten sich persönlich versichern, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ebenso bildet der Finanzberater eine Kontrollinstanz. Denn auch wenn beim Ausfüllen des Fragebogens zu Beginn des Prozesses auf Gewissenhaftigkeit hingewiesen wird, tendiert der Mensch dazu, sich besser darzustellen. Somit ist ihre Selbstdisziplin umso mehr gefordert. Generell gilt: Wer nichts weiß, muss alles glauben. An diese Stelle ist daher Finanzbildung der beste Konsumentenschutz. Diese bringt immer noch die beste Rendite - unabhängig davon, ob man sich für einen menschlichen Finanzberater oder einen Robo Advisor entscheidet.