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Die Grenzen der Kompensation

Von Simon Rosner

Analysen

Österreichs Team war bei Euro fit. | Aber es fehlte deutlich an Klasse. | Wien. Den Stefan Maierhofer hätte man schon brauchen können. Etwa gegen Kroatien, als es in den Schlussminuten nur noch hoch nach vorne ging. Oder gegen Deutschland, als man ebenfalls zu diesem Mittel greifen musste und auch einige Eckbälle hatte.


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Josef Hickersberger entschied sich jedoch, einen fünften Innenverteidiger mitzunehmen. Vier benötigte er in den drei Partien, beinahe wäre auch Jürgen Patocka zum Einsatz gekommen. Der Teamchef verriet, dass ein Abwehrspieler fit gespritzt werden musste. So gesehen war die Entscheidung zugunsten eines fünften Verteidigers so falsch nicht. Im Nachhinein weiß man aber, dass man sich Maierhofer durchaus hätte leisten können. Pech gehabt.

Österreich hat bei der Euro nicht das Maximum erreicht. Vom Ergebnis her. Ein Remis gegen Kroatien wäre auch ohne unermesslich viel Glück möglich, ein Sieg gegen die Polen aufgrund der vielen Chancen sogar hochverdient gewesen. Dann hätte gegen Deutschland bereits ein Remis gereicht.

Leistungsmäßig war man weit näher am Maximum dran. Österreich fehlt es an Klasse, am individuellen Vermögen, an Erfahrung, diese Mankos hat man jedoch einigermaßen gut wettmachen können, hat es beinahe bis auf Augenhöhe mit den Deutschen gebracht. Diese zeigten aber auf, dass die Kompensation ihre Grenzen hat, ab da bedarf es dann eben individueller Fähigkeiten, wie sie Michael Ballack am Montag unter Beweis stellte. Österreich fehlt ein solcher Spieler, Andreas Ivanschitz, das weiß man jetzt, ist es nicht. Zumindest noch nicht.

Nun lässt sich natürlich über Feinheiten diskutieren. Waren die Taktiken, die Aufstellungen richtig, die Ausrichtung der Mannschaft glücklich gewählt? Fakt ist, dass die gewählten Strategien gegen Kroatien und Polen nicht so griffen, wie sich der Teamchef das vorgestellt hatte. Im ersten Spiel war einerseits der frühe Gegentreffer daran schuld, andererseits die zu defensiv agierenden zentralen Mittelfeldspieler, die kaum in die Spitze vorstießen. Das war ganz anders gedacht gewesen.

Gegen Deutschland klappte dies besser, aber auch nicht wunschgemäß. Zudem schaffte man es nicht, die schnellen Spitzen Korkmaz, Harnik und Hoffer in Konter zu schicken, wie es geplant gewesen ist. Das Umschalten klappte kaum, die zwei, drei Konter-Gelegenheiten wurden außerdem verstolpert.

Zur bedauerlichen Gewissheit wurde, dass ein glücklicher Spielverlauf in den taktischen Überlegungen immer eine Rolle spielen wird, solange nicht zumindest zwei, drei Spieler von wirklich hoher Klasse im Team stehen. Auf solche lässt sich ebenso bauen wie auf Fortuna. Rumänien hat Mutu, die Türkei Nihat, Kroatien Modric und Olic. Und Österreich? Österreich muss weiter warten und hoffen. Auf den neuen Star oder auf das Glück. Aber immerhin: Vor zwei Jahren hätte man nicht einmal gedacht, dass das ausreichen wird.