Seit Ungarn die Grenze geschlossen hat, kommen Schutzsuchende auch über Kroatien und Slowenien nach Österreich.
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Bad Radkersburg. Es war ein ungewöhnliches Bild, das sich im verschlafenen Bad Radkersburg mit seinem Grenzübergang an der Landstraße zu Slowenien am Dienstag bot. Am Vormittag war alles ruhig, allein die Vorbereitungen des Bundesheers und der Polizei deuten darauf hin, dass hier bald hunderte Flüchtlinge ankommen werden. Gegen 14 Uhr gelangten rund 400 Menschen zu Fuß in die 3000-Einwohner-Gemeinde, bepackt mit Rucksäcken, Isomatten und Reisetaschen.
"Ich habe tagelang in Röszke an der Grenze zwischen Serbien und Ungarn gewartet, aber dort ging es nicht weiter", sagt der 24-jährige Salah aus Syrien. Seit Ungarn seine Grenze zu Serbien geschlossen hat, gelangen die Menschen über einen Umweg nach Österreich. Auch Saleh kam schließlich über Kroatien nach Slowenien. Wie für viele andere ist Österreich auch für ihn nur ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Deutschland. Der Elektrotechniker will nach Dortmund zu seinen Freunden. Aus Syrien floh er, weil das Militär ihn einziehen wollte, zunächst in die Türkei. "Es ist schrecklich dort", sagt er, einige umstehende Männer stimmen ihm zu. Dass es in Europa Menschen gibt, die Angst vor Flüchtlingen haben, versteht Salah nicht: "Europa ist gut zu Flüchtlingen. Ich möchte mich bei euch bedanken."
Umfangreiche Spenden
An den Grenzübergängen Spielfeld und Bad Radkersburg rechnet man momentan mit bis zu 500 Flüchtlingen täglich. Das Bundesheer hat an der Murbrücke ein Zelt aufgestellt, in dem die Schutzsuchenden registriert werden. Es ist ruhig in der Warteschlange, der einzige Lärm kommt von einem Helikopter des Bundesheeres, der über dem Gebiet kreist. Auch die Schaulustigen halten sich heute im Hintergrund. Dolmetscher erklären den Wartenden auf Arabisch und Farsi, wie es nun weitergeht. Wer kein Reisedokument hat, füllt ein Formular aus, dann werden die Menschen in Gruppen die Hauptstraße entlang ins Sammellager geführt. "Wir haben hier seit Samstag rund 1500 Menschen versorgt", sagt Einsatzleiter Simon Straßgürtl vom Roten Kreuz. In den Zelten stapeln sich Kisten mit Obst, Wasser und Brot, es gibt Tee und Kaffee, eben hat jemand hat 5000 Regenponchos gespendet. "Wir haben hier noch keinen einzigen Cent Steuergelder ausgegeben", sagt Straßgürtl, "das sind alles Spenden der Bevölkerung."
Während am Dienstag die meisten Ankommenden junge Männer waren, waren es am Wochenende sehr viele Familien mit kleinen Kindern gewesen. Sie werden vorgezogen und müssen nicht auf die Registrierung warten. Bald füllt sich das Sammellager, die Menschen setzen sich in Reihen ins Gras vor dem Zelt und warten darauf, dass es weitergeht. "Es läuft extrem geordnet ab. Wieso sollten die Menschen Probleme machen, sie wollen einfach nur weiterreisen", sagt Straßgürtl. Später übernimmt das Transportmanagement die Koordination: Busse privater Unternehmen, der Post, der ÖBB und des Bundesheers bringen die Menschen dorthin, wo gerade Platz ist: nach Graz oder in eine der drei nahegelegenen Notschlafstellen.
Schwierige Vorhersagen
Auch im rund 30 Kilometer entfernten Spielfeld haben Bundesheer und Rotes Kreuz ein Versorgungszentrum aufgebaut. Seit Samstag kommen täglich 200 bis 400 Menschen über diese Grenze. Hier, am Lkw-Parkplatz vor dem Grenzübergang, gibt es 60 Feldbetten und ausreichend Verpflegung. Rund 70 Personen haben die Nacht auf Dienstag hier verbracht. Nun ist es vergleichsweise ruhig. "Wir arbeiten seit Donnerstag mit Hochdruck daran, den Ausnahmezustand in den Regeldienst zu transformieren", sagt Rotkreuz-Einsatzleiter Klaus Steinwendter. Die wichtigsten Fragen seien derzeit, wie das Wetter werde und wann die nächsten Busse kämen, um die Menschen abzuholen. Über lokale Vereine haben Dolmetscher ihren Weg hierher gefunden, die Bevölkerung sei außerordentlich hilfsbereit. Da es in der Sammelstelle keine Lagerungsmöglichkeit gibt, sollte man allerdings davon absehen, spontan Nahrungsmittel oder Gekochtes vorbeizubringen. Wer wissen will, was gerade benötigt wird, informiert sich über die Facebook-Seite des Roten Kreuz Leibnitz.
Es sei schwer, die Anzahl der Ankommenden vorherzusagen, sagt Steinwendter. Zwar informieren die slowenischen Behörden die österreichische Polizei darüber, mit wie vielen Flüchtlingen die Steiermark täglich zu rechnen hat, den Überblick über die Flüchtlingsströme und -routen entnehmen aber auch die Einsatzkräfte den Medien.
Die Herbsttage in der Südsteiermark sind lau, momentan reichen die Sommerzelte als Unterkunft. Doch was passiert, wenn die Grade im Winter ins Minus abfallen? "Wir haben auch beheizbare Zelte und in den Lagerhallen können Heizkanonen aufgestellt werden", erklärt Oberst Christian Fiedler. Das Bundesheer helfe in den Sammellagern und bei den Transporten, die Koordination liege aber in der Verantwortung der Verwaltungsbehörden. Das Bundesheer sei zwar nicht überrascht über die Flüchtlingswelle, so Fiedler. "Was uns aber sehr wohl überrascht hat, ist die Anzahl - dass mitunter Tausende an einem einzigen Tag über die Grenzen kommen." Das habe es in dieser Form noch nie gegeben.