Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
London ist Finanzzentrum für so manche Märkte, unter anderen sitzen dort die weltgrößten Hedge Fonds. Einer davon hat mehr als drei Millionen Pfund für das Brexit-Lager gespendet. Ein Schelm, wer dabei denkt, dass dieser Fonds möglicherweise milliardenschwere Wetten auf ein schwächeres Pfund und andere Marktturbulenzen abgeschlossen hat. Wenn die aufgehen, gibt es richtig viel Geld zu verdienen. Es gilt das Motto: No risk - no fun.
Erstaunlich dabei ist allerdings die Untätigkeit der Bank of England und der Aufsichtsbehörden. Denn Geschäfte, in denen politische Finanzhilfen ein gewünschtes Marktergebnis unterstützen, haben schon einen üblen Geruch. Doch die Finanzindustrie in London - nicht die klassischen Geschäftsbanken - lässt sich davon wenig beirren. Abseits politischer Hysterie läuft rund ums EU-Referendum ein ganz großes Geschäft mit Wetten gegen und für Bankaktien, auf Fall und Aufstieg des Pfunds, zu Zinsen zwischen Pfund und Euro und heftigen Spekulationen um die Entwicklung der Immobilienpreise im (noch) Vereinigten Königreich. Es wird gelogen, dass sich die Balken biegen - etwa wie die zur Äquidistanz verpflichtete Queen abstimmen würde.
Alleine dieses Beispiel zeigt die Notwendigkeit einer Finanztransaktionssteuer. Wer von "Brexit" oder "Bremain" unanständig profitiert, soll auch unanständig viel Steuer dafür bezahlen. Und diese Finanztransaktionssteuer zeigt schon die Schwäche der nationalistischen Strömungen, zu denen die Brexit-Befürworter wohl auch gehören: Nationalismus verhindert Gerechtigkeit.
Denn eine solche Steuer hat nur Sinn, wenn sie europaweit eingehoben wird. Wenn jedes Land macht, was es will, gibt es zu viele Ausweichmöglichkeiten. Doch das britische EU-Referendum zeigt eine weitere Schwäche im "Europa der Nationen" auf: Großbritannien zerfällt in Regionen. Schotten und Waliser haben schon mit dem Referendum Probleme, sie wollen gar nicht raus der EU. Wer hat also nun recht? Der vehemente EU-Gegner Nigel Farage, Chef der Ukip? Oder die schottische Nationalpartei, die klar pro EU ist?
In Zeiten großer Unsicherheiten blüht die Spekulation. Eine Binsenweisheit, doch wohl noch niemals zuvor war dabei so viel Geld im Spiel wie rund um das britische EU-Referendum. Ordentliche Aufsichtsbehörden hätten dies auch verbieten können. Denn mit der Zukunft von Menschen sollte man nicht spielen.