CDU mit Bonus in Umfragen fordert Neuwahlen. | Berlin. Geht es nach der CDU in Deutschlands nördlichstem Bundesland, dann kommt zu den 15 Wahlen des heurigen Jahres noch eine 16. hinzu: Sie erklärte am Mittwoch die Große Koalition in Schleswig-Holstein für beendet und will am Tag der Bundestagswahl, am 27. September, einen neuen Landtag wählen lassen.
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Für diesen Beschluss gibt es zwei Gründe: Das tiefe Zerwürfnis zwischen Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und SPD-Partei- und Fraktionschef Ralf Stegner einerseits und die guten Umfragewerte der CDU andererseits. Diese möchte vom günstigen Bundestrend profitieren. Der gleiche Grund hält die SPD davon ab, die längst zerrüttete Ehe mit der Union zu beenden. Sie kündigte an, bis zum vorgesehenen Wahltermin im Mai nächsten Jahres weitermachen zu wollen. Wenn Carstensen nicht mehr wolle, könne er ja zurücktreten.
Der leutselige Carstensen, Landesvater durch und durch, ist der erste CDU-Ministerpräsident in Schleswig-Holstein seit dem unglücklichen Uwe Barschel, nach dessen Tod die Christdemokraten zwei Jahrzehnte in die politische Bedeutungslosigkeit versanken. Erst nach dem etwas peinlichen Abgang von Heide Simonis (SPD), die in vier Wahlgängen an den eigenen Genossen scheiterte, kam die Union wieder zum Zuge. Diese hat derzeit einen Demoskopie-Vorsprung vor der SPD von rund 10 Prozent.
Ralf Stegner ist für die Union ein rotes Tuch; ein Scharfmacher, der gerne aus der Regierungsbank heraus Opposition betreibe und sich nicht an Absprachen halte. Deshalb trat er Anfang vorigen Jahres als schleswig-holsteinischer Innenminister zurück. Als Chef der SPD-Landtagsfraktion war er noch weniger in die Koalitionsdisziplin eingebunden. Dass er die Verantwortung für horrende Bonuszahlungen an den Chef der maroden Landesbank allein der Union zuschob, brachte jetzt das Fass zum Überlaufen.
Zur vorzeitigen Auflösung des Landtags benötigt man eine Zweidrittelmehrheit, die die CDU jedoch nicht zustande bringt. Deshalb wird spekuliert, der Regierungschef könnte die SPD-Minister entlassen und eine Minderheitsregierung bilden oder aber durch Enthaltung seiner Partei bei der Vertrauensfrage Neuwahlen erzwingen.