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"Deine Stimme gegen rechts" - das klingt wie ein frommer Wahlspruch im Vergleich zu jener Bodenhaftung, die Heinz-Christian Straches FPÖ fast bei jedem Wahlgang beweist.
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Je näher die Landtagswahl in Oberösterreich rückt, desto mehr bemühen sich die Grünen, ihre Sorge zu überspielen, es könnte auch dort schief gehen. Die Wunden, die ihnen die Europawahl, die Nationalratswahl sowie seit 2008 die Landtagswahlen in Niederösterreich, Tirol, Salzburg und Kärnten geschlagen haben, sind nicht verheilt. Bei jedem Votum schrumpfte der grüne Stimmenanteil. Die Zehn-Prozent-Marke hat die Partei längst nicht überall erreicht, und jenseits der zehn Prozent ist die Luft sofort sehr dünn - höher geht´s nicht.
Da die Grünen in Oberösterreich als Juniorpartner der ÖVP in der Regierung sind, wäre ein neuerlicher Absturz besonders blamabel. Auch in Linz mussten sie in der überaus langen Legislaturperiode seit 2003 mit nur neun Prozent Stimmenanteil ausgekommen. Weniger wäre unerträglich.
In Deutschland haben die Grünen immerhin schon einen Außenminister gestellt und im Bund mit der SPD Spuren hinterlassen, wenn auch nicht immer rühmliche. In Österreich schienen die Grünen die Übernahme einer Regierungsverantwortung sehr lange zu scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Immerhin, Oberösterreich bildete den Testfall. Er verlief ohne Absturz, aber auch ohne Höhepunkte. ÖVP-Landeshauptmann Josef Pühringer vermochte den kleinen Koalitionspartner dank seiner Sprung- und Wippmotorik auf Distanz zu halten.
Die derzeitige Schwäche der Grünen hat eine demokratiepolitische Folge. Es darben ja gleichzeitig, wie jedermann weiß, auch die beiden "staatstragenden" Koalitionsparteien auf Bundesebene, SPÖ und ÖVP. Für Herausforderer müsste also viel zu holen sein. Wer räumt ab? Die FPÖ von Heinz-Christian Strache.
Wann immer Koalitionsüberlegungen angestellt werden müssen, sind selbst sozialdemokratische Landesparteien geneigt, ein Zweckbündnis mit dieser Rechtspartei nicht völlig auszuschließen. Man muss halt nehmen, was da ist. Und die FPÖ hat für sich eine breite Schneise in die Wählerschaft geschlagen. In Wien fürchtet SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl auch nicht etwa die großstädtischen Grünen, sondern die FPÖ.
Woran fehlt es den Grünen? Die Streitereien um den Spitzenplatz bei der EU-Wahl und der temporäre Eindruck, dass bei ihnen die Gleichberechtigung der Geschlechter zeitweise in ein Weiberregiment umschlägt oder zum Hauptthema einer Society-Berichterstattung verkommt, können ja nicht allein Ursache sein.
Von ihrer Struktur her ist die auf Pioniergeist und die Kraft der Argumentation eingeschworene Partei eine elitäre Bewegung geblieben. Hochschulstudenten, Lehrer, urbane Geister und Bildungsbürger ab Maturaniveau laufen ihr zu, entweder weil sie an die Ziele der Grünen glauben oder sich von woanders verärgert abwenden.
In der Masse der Bevölkerung macht die Partei wenig Eindruck. Die Besetzer der Hainburger Au mögen 1984 Geschichte gemacht haben - schon damals war aber die gewerkschaftlich organisierte Arbeiterschaft eher der Meinung, man sollte in der Au zunächst kräftig holzen, die Umweltschützer ausmisten und danach betonieren.
Heide Schmidts einstigen Liberalen ist es bei ihrer Zielgruppensuche noch viel schlimmer ergangen - die Partei ist verschwunden, während die Grünen zumindest rund um zehn Prozent Lebensfähigkeit beweisen. Das ist ja auch etwas. Aber nicht genug, um im labil gewordenen Kräfteverhältnis der Parteien der logische Kandidat für neue Gleichgewichte zu werden. Weshalb ihr Slogan "Deine Stimme gegen rechts" irgendwie in der Luft hängt.