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Die Grünen gehen eigene Wege

Von Walter Hämmerle

Politik

Mit einem Kompromiss der beiden Regierungsparteien ÖVP und FPÖ in Sachen Steuerreform rechnen auch die Grünen vor der heutigen Sondersitzung des Nationalrats. Trotzdem werden sie ihre inhaltlichen Vorschläge in einem eigenen Entschließungsantrag präsentieren. Gefordert wird vor allem der Ausbau der negativen Einkommenssteuer, um so die Bezieher der untersten Einkommen zu entlasten.


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Für den Grünen Bundessprecher Alexander Van der Bellen ist klar: "Wann, wenn nicht jetzt" sollte konjunkturpolitisch gegengesteuert werden? Österreichs Situation habe sich diesbezüglich innerhalb der letzten Jahre laut einem Bericht des britischen "Economist" massiv verschlechtert: Das reale Ergebnis der heimischen Wirtschaftsleistung weiche um 2,5 Prozent vom potentiellen ab. Damit findet sich Österreich auf den drittletzten Platz in der OECD. Für den Grünen Budgetsprecher Werner KOgler ist dies das Ergebnis der "Nicht-Wirtschaftspolitik" der Regierung.

Gegenmaßnahmen seien angesichts der "miserablen Konjunktur" dringend geboten. Dabei wollen die Grünen jedoch zwischen kurzfristigen konjunkturpolitischen und langfristig strukturellen Maßnahmen unterschieden wissen. "Jetzt wissen wir, wie schlecht die Konjunktur ist. Über 2005 kann man nur spekulieren", so Van der Bellen.

An kurzfristigen Maßnahmen zur Konjunkturbelebung fordern die Öko-Partei eine Entlastung der niedrigen und niedrigsten Einkommen. Für Jahreseinkommen unter 11.000 Euro soll die "negative Einkommenssteuer" ausgebaut werden, da diese zwar von Mehrbelastungen, nicht jedoch von der von der Regierung geplanten Steuerfreistellung für Einkommen von 11.000 bis 14.500 Euro betroffen seien. Das für einen solchen Schritt notwendige Volumen bezifferte Kogler mit rund einer Milliarde Euro. Dies sei auch angesichts des Ziels vertretbar, das Budgetdefizit nicht über Gebühr ansteigen zu lassen.

Gesprächsbereit zeigen sich die Grünen auch, was eine Entlastung für die Unternehmen betrifft. Vor allem Investitionsanreize sollten in diesem Zusammenhang verstärkt gesetzt werden, etwa über einen Investitionsfreibetrag oder einen Mix aus anderen Maßnahmen wie die vorzeitige Abschreibung. Eine nominelle Absenkung des Körperschaftssteuersatzes ist für Kogler nur dann vorstellbar, wenn das daraus resultierende Steueraufkommen, das im EU-Vergleich am unteren Ende rangiere, gleichbleibe.

Langfristig notwendige Maßnahmen, wie etwa eine Strukturreform des Steuersystems, sind demgegenüber in den Augen der Grünen im Moment nicht so dringend.

Was die heutige Sondersitzung des Nationalrats betrifft, so rechnet Van der Bellen "bis zum Beweis des Gegenteils" mit einem gemeinsamen Entschließungsantrag der beiden Koalitionsparteien - "alles andere wäre eine Überraschung". Seine Partei werde sich sicher alle Anträge genau und in aller Ruhe anschauen. Ihre inhaltlichen Vorstellungen finden jedoch in einem eigenen Antrag ihren Niederschlag.